Privatrechtliche Verträge mit Agrar- und Bringungsgemeinschaften
Problemstellung
Juristische Personen des öffentlichen Rechts, somit Agrar- bzw. Bringungsgemeinschaften, nehmen wie natürliche Personen am Privatrechtsverkehr teil. Damit verbundene Probleme gründen einerseits in der unterschiedlichen Interessenstruktur, andererseits in der Tatsache, dass öffentlich-rechtliche Körperschaften nur durch ihre Organe handeln können. Das Handeln der körperschaftlichen Organe wird dabei durch gesetzliche Bestimmungen, Verwaltungssatzungen und Organisationsvorschriften (Alm- und Weideordnungen etc.) geregelt. Bei fehlerhaftem Verhalten dieser Organe stellt sich zivilrechtlich die Frage, inwieweit dem Vertragspartner die Kenntnis der entsprechenden Bestimmungen des öffentlichen Rechts von Agrar- und Bringungsgemeinschaften zumutbar ist. Mit anderen Worten: Konnte der Vertragspartner im guten Glauben auf ein richtiges, normgerechtes Verhalten der Organe vertrauen?
Das Vertrauensprinzip wird in vielen höchstgerichtlichen Entscheidungen bei Rechtsgeschäften mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts anerkannt. Der Vertrauensschutz scheidet jedoch dann aus, wenn die erforderliche Genehmigung des Vertrages durch die Aufsichtsbehörde fehlt. Dies hat regelmäßig die Rechtsunwirksamkeit des Vertrages zur Folge.
Gegenständlich soll versucht werden, relevante rechtliche Bestimmungen bzw. Normen darzustellen, die bei der Beurteilung des Einzelfalles und dessen Lösung helfen können.
Gegenständlich soll versucht werden, relevante rechtliche Bestimmungen bzw. Normen darzustellen, die bei der Beurteilung des Einzelfalles und dessen Lösung helfen können.
Bestimmungen
a) Kärntner Flurverfassungslandesgesetz (K-FLG): Agrargemeinschaften sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Sie nehmen im Rahmen ihrer Vermögensverwaltung am Privatrechtsverkehr teil. Gesetzlich geregelt sind die Agrargemeinschaften in den §§ 47ff K-FLG. Nähere Bestimmungen finden sich in den der jeweiligen Agrargemeinschaft verliehenen Verwaltungssatzungen. Organe der Agrargemeinschaften sind die Vollversammlung, der Vorstand und der Obmann. In den Wirkungskreis der Vollversammlung gehören zum Beispiel laut Mustersatzungen die Verpachtung von Eigenjagden, die Veräußerung, Verpachtung sowie Belastung agrargemeinschaftlichen Vermögens, die Darlehensaufnahme, die Verwendung von vorhandenen Überschüssen sowie die Beschlussfassung über alle Angelegenheiten, die nicht ausdrücklich dem Obmann oder dem Vorstand zugewiesen sind.
b) Kärntner Güter- und Seilwegelandesgesetz (K-GSLG): Gemäß § 14 Abs. 4 K-GSLG ist die Bringungsgemeinschaft nach dem Kärntner Güter- und Seilwegelandesgesetz (K-GSLG) ebenso eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Sie hat die Bringungsanlage zu errichten, auszugestalten, zu erhalten und zu verwalten sowie die hierfür erforderlichen Sach-, Arbeits- und Geldaufwendungen zu leisten und auf ihre Mitglieder umzulegen. Der Tätigkeitsbereich von Bringungsgemeinschaften ist in der Regel enger als jener von Agrargemeinschaften. § 15 K-GSLG regelt die Organe der Bringungsgemeinschaft sowie den Mindestinhalt von Satzungen. Der Vorsitzende (Obmann) hat bei Vollversammlungen und Vorstandssitzungen den Vorsitz zu führen. Er vertritt die Bringungsgemeinschaft nach außen hin. Dem Vorstand obliegt die laufende Verwaltung bzw. hat die Vollversammlung alle übrigen Geschäfte zu besorgen. In den Wirkungsbereich der Vollversammlung gehören laut Mustersatzungen der Vertragsabschluss betreffend die Benützung von Weganlagen oder die Beschlussfassung über eine Wegordnung für die Bringungsgemeinschaft sowie die Beschlussfassung über die Veräußerung und Belastung von Gemeinschaftsvermögen.
Einfluss von Normen
Weder in § 867 ABGB ist eine Sanktion für die Verletzung öffentlich-rechtlicher Vorschriften vorgesehen, noch im öffentlichen Recht über privatrechtliche Verträge etwas bestimmt. Eine Verletzung öffentlich-rechtlicher Vorschriften bringt nicht zwingend die Nichtigkeit von Verträgen mit sich, vielmehr ist eine differenzierte Lösung zu suchen, wobei hier verschiedene Normengruppen zu unterscheiden sind.
a) Normen, die die Rechtsfähigkeit beschränken: Gesetzliche Bestimmungen und Satzungen können den Wirkungskreis und die Befugnisse festlegen, damit aber auch den Umfang der rechtlichen Existenz der juristischen Person des öffentlichen Rechts. So kann die Agrarbehörde als Aufsichtsbehörde von Bringungsgemeinschaften nach dem Kärntner Güter- und Seilwegelandesgesetz (K-GSLG) Beschlüsse oder sonstige Maßnahmen, mit denen diese ihren Wirkungsbereich überschritten haben, auf Antrag oder von Amts wegen aufheben. Als Einschränkung der Rechtsfähigkeit von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind die Genehmigungspflichten durch die Aufsichtsbehörde anzusehen. Bei Rechtsgeschäften, die über den festgelegten Wirkungskreis hinausgehen oder denen die Aufsichtsbehörde die Zustimmung versagt, ist eine Berufung auf den guten Glauben der Vertragspartner nicht möglich. Das Rechtsgeschäft ist somit nicht rechtswirksam.
b) Normen über die Zuständigkeit von Organen: Der Wirkungskreis der für die juristische Person des öffentlichen Rechts handelnden Organe ist in Organisationsvorschriften, wie Satzungen, Geschäftsordnungen etc., festgelegt. Handeln Organe in diesem Wirkungsbereich, werden diese der Körperschaft zugeordnet. Überschreitet jedoch das Organ seine Zuständigkeit, erhebt sich die Frage, inwieweit das Rechtsgeschäft gültig zustande gekommen ist. Keine Probleme ergeben sich, wenn das zuständige Organ nachträglich dem Rechtsgeschäft die Zustimmung erteilt, das vom unzuständigen Organ abgeschlossen wurde. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Vollversammlung einem vom Agrargemeinschaftsobmann vereinbarten Verkauf von Agrargemeinschaftsgrund nachträglich zustimmt. Wird das eigenmächtige Handeln des unzuständigen Organs nicht sanktioniert, kann durch die sinngemäße Anwendung der privatrechtlichen Normen über die Vertretung eine Lösung gefunden werden. Im Einzelfall ist darauf abzustellen, ob dem Dritten der Wirkungskreis des Organs bekannt war bzw. ob er sich nach der Art der Veröffentlichung der Organisationsvorschrift über den Wirkungsbereich bei einiger Sorgfalt hätte informieren können, wie genau der Zuständigkeitsbereich umschrieben ist oder ob ähnliche Kriterien vorliegen. Ein Sonderfall liegt vor, wenn das an sich zuständige Organ das unzuständige Organ zum Abschluss des Rechtsgeschäftes delegiert hat, obwohl dies auf Grund der Satzungen oder des Gesetzes nicht gestattet ist. Zwar kann grundsätzlich eine verbotene Delegation wohl keine Zuständigkeit begründen, doch erscheint die Missachtung eines Delegationsverbotes nicht so schwerwiegend. Es ist zu bedenken, dass das an sich zuständige Organ doch mit der Sache befasst war.
Conclusio
Aus den dargelegten Überlegungen ergibt sich, dass sich sowohl Vertreter von Agrar- als auch von Bringungsgemeinschaften bei Vertragsabschlüssen satzungs- und gesetzeskonform verhalten und sich vergewissern sollen, dass sich der Dritte, der mit einer solchen juristischen Person des öffentlichen Rechts ein Rechtsgeschäft eingeht, auch der rechtlichen Schwierigkeit bewusst ist. Dabei kann die vor Abschluss des jeweiligen Rechtsgeschäfts satzungsgemäß vorgesehene Beschlussfassung viele Probleme von Anfang an ausschalten. Ratsam ist es, vor Abschluss eines Rechtsgeschäftes einen Blick in die Satzungen zu werfen bzw. sich bei etwaigen satzungsbedingten Unklarheiten direkt an die Aufsichtsbehörde (Agrarbehörde) zu wenden.