Grenzeinrichtungen - die Rechtslage im Überblick
Grundsätzlich ist es jedem Grundeigentümer bzw. jeder Grundeigentümerin selbst überlassen, ob und wie er/sie das Eigentum vom Nachbargrundstück abgrenzt. Das heißt, er/sie kann auf seinem/ihrem Grundstück eine Abgrenzung zum anderen Grundstück aufstellen, die dann in dessen Alleineigentum steht. Aus ökonomischen Gründen werden zumeist gemeinsame Grenzeinrichtungen zwischen zwei angrenzenden Grundstücken errichtet.
1. Vermutete Gemeinschaft
Gemäß § 854 ABGB sind im Zweifel Grenzeinrichtungen (Mauern, Zäune, Hecken usw.), die sich zwischen benachbarten Grundstücken befinden, als gemeinschaftliches Eigentum anzusehen. Wer das Alleineigentum behauptet, muss dies beweisen - z.B. durch Inschriften, Wappen, Kennzeichen oder andere Behelfe. Er kann sich dabei auf die Vermutung des § 857 ABGB stützen. Diese gesetzliche Bestimmung sieht im Unterschied zur Miteigentumsvermutung des § 854 ABGB vor, dass Alleineigentum in den Fällen angenommen wird, in denen der Verlauf und die Ausgestaltung der Grenzeinrichtung darauf hinweisen. Diese gesetzliche Vermutung kann wiederum in einem Grenzerneuerungs- oder Grenzberichtigungsverfahren widerlegt werden.
2. Gemeinsame Vereinbarung
Häufig kommt es vor, dass sich Nachbarn - schriftlich oder mündlich - vereinbaren, eine gemeinsame Einfriedung zu errichten und zu erhalten. Dies hat den Vorteil, dass bei geteilten Kosten der gleiche Effekt für die benachbarten Grundstückseigentümer erzielt wird, wobei ein Recht auf Errichtung einer gemeinsamen Grenzeinrichtung nicht besteht. Die Erhaltungspflicht sowie die Nutzungsbefugnis können in einer solchen gemeinsamen Vereinbarung abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen festgelegt werden.
3. Keine gemeinsame Vereinbarung
Wenn keine gemeinschaftliche Vereinbarung vorliegt, regelt § 855 ABGB die Benützung für gemeinschaftliche Grenzeinrichtungen. Dabei darf im Rahmen der Ausübung niemand in die Rechte seines Nachbarn eingreifen. § 856 ABGB regelt jene der Erhaltung. Nach dieser Gesetzesstelle haben alle Miteigentümer zur Erhaltung von "gemeinschaftlichen Scheidewänden" nach ihrer Grenzlänge verhältnismäßig beizutragen. Eine Änderung oder Zerstörung von gemeinschaftlichen Grenzeinrichtungen kann nur gemeinschaftlich erfolgen. Nach einverständlicher ersatzloser Entfernung einer Grenzanlage kann gemeinschaftliches Eigentum im Sinne des § 854 ABGB nicht mehr angenommen werden.
4. Baum auf der Grenze
Steht ein Baum, das heißt der Stamm des Baumes, genau auf der Grundstücksgrenze, steht dieser im Miteigentum der benachbarten Grundeigentümer. Dabei darf der Baum von keinem Grundeigentümer ohne Zustimmung der Miteigentümer geschlägert werden.
5. Grenzeinrichtungen im Alleineigentum
Hinsichtlich der im Alleineigentum stehenden Grenzeinrichtungen sieht § 858 ABGB eine Sonderregelung vor. Der Alleineigentümer einer Grenzeinrichtung ist in der Regel nicht verpflichtet, diese zu erhalten. Jedoch erlegt § 858 ABGB dem Grundeigentümer Beschränkungen und Belastungen auf, das heißt, er muss Grenzmauern oder Planken in einem guten Zustand erhalten, wenn durch die Öffnung für den Grenznachbarn ein Schaden zu befürchten ist. Hiebei handelt es sich um eine Eigentumsbeschränkung, welche ein positives Handeln vorschreibt. Diese Bestimmung ist aber auf freiliegende Äcker, Wiesen, Wälder und Almen nicht anzuwenden.
6. Baum an der Grenze
Ein Baum steht im Alleineigentum, wenn der Stamm nur auf einem Grundstück aus dem Boden wächst - dies auch, wenn seine Wurzeln oder Äste auf das Nachbargrundstück hinüberragen. In diesem Zusammenhang kann vom Baumeigentümer nicht verlangt werden, die über die Grenze ragenden Äste zu entfernen. Dem Nachbarn steht jedoch das sogenannte Überhangrecht zu, wonach überhängende Äste fachgerecht entfernt werden können. Dabei darf das fremde Grundstück nicht betreten werden, und die Äste sind auf Eigengrund zu entsorgen.
Fazit
Aus den Regelungen von Grenzeinrichtungen im ABGB ergibt sich, dass die Bestimmungen der §§ 854 bis 858 ABGB äußerst dürftig sind. Wenn eine Grenzeinrichtung direkt auf der Grundstücksgrenze liegt, steht diese im Miteigentum. Demnach sind alle Entscheidungen, z.B. einen Grenzzaun betreffend, gemeinsam zu treffen. Erkennt der Nachbar, dass der Bau einer Grenzeinrichtung irrtümlich die Grenze verletzt, und untersagt dies nicht, liegt Zustimmung bzw. Verzicht auf deren Beseitigung vor. Liegt eine Grenzeinrichtung ausschließlich auf dem Grundstück eines Nachbarn, ist er als Alleineigentümer alleine für die Erhaltung verantwortlich. Eine unbeschränkte Nutzung ist hier möglich.