Quereinsteigerin mit Liebe zu Murbodnern
Dass sie sich auf den ersten Blick in die Murbodner verliebte, kann man sofort nachvollziehen, wenn man die steirischen Rinder mit den großen, kohlschwarz umrandeten Augen und dem schön gezeichneten schwarzen Flotzmaul in heller Umrahmung auf der Weide sieht. Semmelblond bis fuchsrot ist ihr Fell, der Bauch ist hell, Klauen und Quaste sind auch schwarz. Im Tierzuchtunterricht hat Barbara Egger die Murbodner, eine gefährdete Höhenviehrasse, kennengelernt und sich sofort für ihre Zucht entschieden. Ihre sechs Kühe, die sie alle beim Namen nennt, hat die Quereinsteigerin, die vor ihrer Berufung zur Bäuerin als Friseurin gearbeitet hat, nach einer speziellen Ausbildung selbst künstlich besamt. Auf die vier gesunden und wohl geratenen Kälber, die sie liebevoll aufgezogen hat, kann sie zu Recht stolz sein. „Da habe ich wohl alles richtig gemacht“, freut sich die dreifache Mutter, die als Betriebsführerin auf dem Hof ihres Mannes am Sonnberg bei Stall im Mölltal für alle fachlichen und wirtschaftlichen Entscheidungen zuständig ist.
Neben Mutterkuhhaltung und Zucht der robusten, berggängigen, leichtkalbenden Murbodner, die sich auch wegen guter Euter- und Klauengesundheit großer Nachfrage erfreuen, hat sich Barbara Egger nach Absolvierung des Kurses „Hühnermast im kleinen Stil“ auf Biomasthühner spezialisiert. Sie dürfen nach liebevoller Betreuung, bei der Sohn Emilian (13) mithilft, ab dem 29. Tag ins Grüne, wo sie bei extensiver Haltung acht bis zehn Wochen heranwachsen dürfen, was das Fleisch etwas dunkler, aber zart und saftig macht. Dann werden sie am Hof nach Betäubung geschlachtet, mit der Rupfmaschine gerupft und küchenfertig verpackt. Der Kundenstock reicht von Villach bis Lienz: „Das ist ein Selbstläufer, ich habe immer zu wenig.“ Hätte sie Zeit und Kapazität, könnte sie doppelt so viel verkaufen wie 100 bis 150 Stück zu 13,50 Euro pro kg vier Mal im Jahr, sagt die vielseitige landwirtschaftliche Meisterin, die ihre Ausbildung an der Landwirtschaftlichen Fachschule Litzlhof von 2019 bis 2022 neben Kindererziehung und Stallarbeit durch gute Planung bewerkstelligt hat. Hilfreich war und ist die Kamera im Stall, die Bilder und Daten online aufs Handy liefert. „Die Kamera dreht sich um 360 Grad, man kann die Position auf Abkalbebox, Liegebox, Futtertisch oder Wasserbecken einstellen und immer sehen, was passiert“, erklärt die Bäuerin, die im Winter zwei Mal pro Tag in den Stall geht, um Futter und Eutergesundheit persönlich zu kontrollieren. Tierwohl steht für sie an erster Stelle. 2023 wurde der Stall von Anbindehaltung auf Laufstall umgebaut. Im Sommer sind die Rinder auf einer behirteten Alm, im Herbst auf einer Weide unter dem Hof, der auf 1200 m liegt und nach steiler Anfahrt einen herrlichen Blick auf die Kreuzeck-Gruppe bietet.
Das Wohnhaus ist neu und sehr ansprechend eingerichtet, man sieht auch die Handschrift von Roman Egger, der Tischler ist und als Polier im Tunnelbau arbeitet. Als er 2009 den Hof übernahm, erklärte sich seine Frau sofort zur Unterstützung bereit und begann mit der Ausbildung zur landwirtschaftlichen Facharbeiterin am Ländlichen Fortbildungsinstitut LFI. „Es war eine freiwillige Entscheidung, die ich nie bereut habe“, blickt Barbara Egger zurück. Obwohl mit dem Metier vertraut – sie wuchs mit zwölf Geschwistern auf einem Bergbauernhof am Flattachberg auf – wollte sie nie Bäuerin werden. Bis sie im Jahr 2000 bei einem Dorffest ihren Mann kennenlernte. Mittlerweile ist sie voll in der Landwirtschaft, die sie mehr erfüllt als ihr früherer Beruf, verankert. Auch die Mahd im sehr steilen Gelände schreckt sie nicht ab. Mit „Learning by doing“ schafft sie auch das.
Wer nun glaubt, all diese aufwendigen Tätigkeiten seien ihr Hauptjob, irrt. Barbara Egger arbeitet auch 40 Stunden die Woche als Milchprobenehmerin für den Landeskontrollverband und ist für die Gütesiegelkontrolle der AgroVet, einer Tochter von Bio Austria, regelmäßig zwischen Stall und Heiligenblut auf 27 Höfen unterwegs. Zusätzlich ist sie als Gemeinderätin, Obfrau des Landwirtschafts- und Bildungsausschusses, stellvertretende Obfrau des Bauernbundes auf Gemeindeebene und im Vorstand der Arge Meister im Bezirk Spittal aktiv. „Ich möchte in Gemeinde und Gesellschaft etwas bewegen“, sagt die Absolventin des für sie sehr lehrreichen und wertschätzenden ZAMm-Lehrganges „Professionelle Vertretungsarbeit im ländlichen Raum“, wo sie das „Fokussieren auf wichtige Dinge“ gelernt und den wirksamen Auftritt vor Publikum und Kamera geübt hat: „Man lernt, sich richtig auszudrücken und zu präsentieren.“ Vom Persönlichkeitstraining habe sie sehr profitiert, sie sei ruhiger geworden und rege sich nicht mehr über Dinge, die sie nicht ändern könne, auf. Auch in der Überzeugung, dass die Meisterausbildung für sie das Richtige sei, habe sie der Kurs bestärkt. „Mit Weiterbildung investiere ich in mich und meine Zukunft. Sie hilft mir, wirtschaftlich richtige Entscheidungen zu treffen“, ist Egger, die gerne Dinge hinterfragt und alles verstehen will, überzeugt. So war sie auch für das Hintergrundwissen sehr empfänglich, das bei den Besuchen in Wien und bei den Vertretungsbehörden der EU in Brüssel vermittelt wurde. Der anregende Austausch mit Gleichgesinnten im Kurs und die daraus entstandene Verbundenheit geben ihr Rückhalt und bestärken sie in ihrer Sichtweise: „Für mich und meine Familie ist Landwirtschaft Leidenschaft und Berufung, bei der nicht nur Zahlen zählen.“
EU-Bund-Länder-kofinanziert:
„Mit Unterstützung von Bund, Ländern und Europäischer Union.“