Im ersten Teil dieses Beitrages ging es um Erkennen, Ursachen und Auswirkungen von Klauenerkrankungen und Lahmheit. Im zweiten werden Behandlungs- und Vorbeugemaßnahmen dargestellt.
Aus ethischen und wirtschaftlichen Gründen sollte es in Milchviehherden selbstverständlich sein, lahme Kühe frühzeitig zu identifizieren, das heißt, dann, wenn sie gerade erst eine geringgradige Lahmheit (Note 2; Abb. 1) zeigen. Diese Tiere sollten umgehend eine fachgerechte Behandlung durch ausgebildete Personen erhalten, sodass die Lahmheitsepisode im positiven Fall nur von kurzer Dauer ist und weitere Milchverluste sowie das Auftreten von Ketose bei Kühen in der Frühlaktation, Störungen der Fruchtbarkeit und auch ein vorzeitiges Abgehen vermieden werden können.
Oberstes Prinzip bei der Behandlung (schmerzhafter) druckbedingter Klauenhornerkrankungen (KHE) muss immer die vollständige Entlastung der schmerzhaften Klaue durch Kleben eines Klotzes (Abb. 2a-d) auf die gesunde, tragfähige Nachbarklaue sowie die Entfernung allen losen Horns um den Defekt sein. Die zusätzliche Gabe von entzündungshemmenden Medikamenten durch den Tierarzt und die zeitweilige Separierung behandelter Kühe in einer Krankenbox verbessern den Heilungserfolg. Die Gabe von Antibiotika ist hingegen für die Behandlung schmerzhafter, oberflächlicher KHE und akuter Mortellaro-Krankheit (M2) niemals notwendig.
Rinder mit akuter Mortellaro-Krankheit sowie mit mortellaroinfizierten KHE erfordern eine konsequente lokale Einzeltierbehandlung, um einen Heilungserfolg zu erzielen. Tiere mit nichtschmerzhaften Mortellaro-Stadien (M1, M3, M4, M4.1) können vorsorglich mit zugelassenen Biozidlösungen mittels einer Obstbaumspritze im Melkstand kostensparend und effizient behandelt werden. Damit verhindert man die Entwicklung schmerzhafter akuter (M2) Mortellaro-Stadien.
Unverzichtbar für eine erfolgreiche Abheilung schmerzhafter KE nach erfolgter Behandlung ist immer die konsequente tägliche Kontrolle der Tiere auf Lahmheit und auf Sitz des Klotzes, welcher ja in der Regel für vier bis sechs Wochen verbleiben soll.
Vorbeugemaßnahmen
Die Verbesserung der Klauengesundheit in den Betrieben ist oft nur schrittweise mit jeweils realistischen Zielsetzungen umsetzbar. Ein erreichbares Ziel könnte in vielen Betrieben allein schon die Vermeidung von hochgradigen Lahmheiten durch die frühzeitige Erkennung geringgradiger Lahmheiten sein. Dazu sollte die Herde im Zwei-Wochen-Intervall auf Lahmheit kontrolliert werden, und leicht lahme Kühe sollten sofort fachgerecht behandelt werden. Weitere kurz- und mittelfristig umsetzbare strategische Maßnahmen könnten die Lahmheitskontrolle und die Durchführung einer fachgerechten Klauenpflege bei jeder Kuh kurz vor dem Trockenstellen (Abb. 3, 4) sowie wiederum um den 40. - 60. Laktationstag sein, um Lahmheiten in der Trockenstehzeit und in den ersten 100 Laktationstagen möglichst zu vermeiden. Diese Maßnahmen erfordern nur eine Änderung des bisherigen unzulänglichen Managements. Damit kann es in Milchviehherden mit hoher Lahmheitshäufigkeit und mit hochgradig lahmen Kühen gelingen, schrittweise eine Absenkung auf eine zwar noch "nicht perfekte" Lahmheitssituation mit deutlich weniger und "nur noch" gering- bis mittelgradig lahmen Kühen zu erzielen. Dies wäre bereits ein lohnendes Ziel.
Eine konsequente Überwachung der Klauengesundheit auf Herden- und Tierebene erfolgt bereits in vielen Milchviehherden durch elektronische Dokumentation der Klauenbefunde bei jeder Klauenpflegevisite bzw. auch durch den Tierhalter selbst - zum Beispiel mittels der Klauen-Profi®-App.
Weiters muss für die Verbesserung der Klauengesundheit in vielen Betrieben eine Optimierung des Komforts, der Hygiene von Liege- und Laufflächen (Abb. 5), der Fütterung sowie eine Stressreduktion (Überbelegung, Sackgassen, Umgang mit Tieren, Hitzestress) erfolgen.
Man wird KE/Klauenläsionen in Milchviehherden nie völlig verhindern können. Gut geplante und gut geführte Milchviehbetriebe machen es jedoch in Österreich vor, dass es sehr wohl möglich ist, eine gute Klauengesundheit aufrechtzuhalten, sodass weniger als 10% der Rinder pro Kontrolljahr eine Lahmheit zeigen. Als Schlusssatz passt die modifizierte Definition der Klauengesundheit frei nach Friedrich Nietzsche sehr gut, die als Minimalerfordernis gelten könnte: "Klauengesundheit ist dasjenige geringe Maß an (nichtschmerzhaften) Klauendefekten, welches es den Rindern noch immer ermöglicht, ihren wesentlichen Beschäftigungen nachzukommen."