Zehn Jahre Green Care Kärnten
"Green Care – wo Menschen aufblühen" ermöglicht land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ein zusätzliches Einkommen mit sozialen Dienstleistungen. Das können pädagogische, therapeutische und gesundheitsfördernde Angebote, aber auch soziale Arbeit in den Bereichen Betreuung, Beschäftigung und Pflege sein. Die Angebote richten sich sowohl an gesunde als auch therapie-, betreuungs- und beschäftigungsbedürftige Menschen jeden Alters. Im Mittelpunkt jedes Angebots steht für die Zielgruppe die Verbesserung der Lebensqualität und für die bäuerliche Familie die Erwirtschaftung eines zusätzlichen Einkommens zur landwirtschaftlichen Produktion.
Der Grundgedanke von Green Care beziehungsweise der Sozialen Landwirtschaft, wie die Diversifizierungsstrategie teilweise früher im deutschsprachigen Raum bezeichnet wurde, ist in einzelnen Ländern bereits seit einigen Jahrzehnten Realität. Zu den europäischen Best-Practice-Ländern von Green Care gehören die Niederlande und Norwegen. Mag. Nicole Prop war die Wegbereiterin für Green Care in Österreich. Ende 2010 hat sie gemeinsam mit der LK Wien die Initiative ergriffen, die Synergien zwischen bäuerlichen Familienbetrieben und sozialen Herausforderungen der Gesellschaft zu erschließen. Kurz darauf wurde der Verein Green Care Österreich mit den neun Landwirtschaftskammern als Mitgliedern gegründet und das Projekt Green Care bundesweit ausgeweitet. Im Herbst 2013 starteten in Kärnten die ersten landwirtschaftlichen Betriebe die soziale Pionierarbeit. Zwei Jahre später erfüllten bereits die ersten Höfe die Qualitätskriterien für das Gütesiegel "Green Care - wo Menschen aufblühen". Die Angebotsbereiche orientieren sich an gesellschaftlichen Herausforderungen wie dem vermehrten Betreuungsbedarf alter Menschen oder der Zunahme von Depressionen und Wohlstandserkrankungen oder der Naturentfremdung. Bäuerliche Betriebe, die diese Herausforderungen als Chance für den eigenen Betrieb sehen und die freie Arbeitskapazitäten und eine berufliche Qualifikation dafür haben, sind für die Umsetzung des Green Care-Vorhabens prädestiniert. Die bundesweite Zusammenarbeit der in den Kammern ansässigen Koordinatorinnen und Koordinatoren sowie die Bereitschaft der Green Care-Betriebsleiterinnen und -Betriebsleiter, das Projekt gemeinsam weiterzuentwickeln, haben Green Care binnen weniger Jahre zu einem Premium-Diversifizierungsprodukt für die Land- und Forstwirtschaft gemacht.
Bis jetzt wurden in Kärnten vier Green Care-Zertifikatslehrgänge mit insgesamt 55 Teilnehmerinnen und Teilnehmern durchgeführt, davon dreimal der Lehrgang "Gesundheit fördern am Hof" und einmal "Tiererlebnis am Hof". Aktuell gibt es in Kärnten 19 zertifizierte Green Care-Betriebe in neun verschiedenen Angebotsbereichen. Spitzenreiter unter den Angeboten ist die "Reittherapie und -pädagogik", gefolgt vom Angebot "Wohnen und Begleitung am Hof" für ältere und beeinträchtige Menschen. Gerade im letzteren Umsetzungsbereich nimmt Kärnten eine Vorreiterrolle ein.
Junge Menschen interessieren sich immer öfter für Green Care. So machen Schulklassen Exkursionen auf Green Care-Höfe, oder Masterstudentinnen und -studenten schreiben ihre Abschlussarbeiten zu diesem zukunftsträchtigen Thema, wie unlängst Elisabeth Auer, BSc., von der Fachhochschule Krems. Sie hat 2023 ihre Studienarbeit über die alternativen Green Care Lebensräume in Kärnten mit dem Titel "Leben und Wohnen auf dem Green Care Hof aus Sicht der Bewohnerinnen und Bewohner" geschrieben.
Die Landwirtschaftskammer Kärnten und Green Care freuen sich über das wachsende Interesse an "Green Care - wo Menschen aufblühen" und blicken voller Stolz auf die erfolgreichen zehn Jahre zurück und gleichzeitig mit ihren Green Care-Betrieben motiviert in die Zukunft.
Ältester Green Care-Hof Kärntens
Der Hof Hermanig - vulgo Thoman - in Köttmannsdorf ist der am längsten zertifizierte Green Care Betrieb in Kärnten. Die ausgebildete Physio- und Hippotherapeutin Dagmar Hermanig bietet über die AVS (Arbeitsvereinigung der Sozialhilfe Kärnten) tiergestützte Therapien für Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen auf ihrem Hof an. Neben ihrer Mitarbeiterin Alice Voith wird Dagmar von ihren Hoftieren wie Pferden, Ponys, Hasen, Ziegen und Schafen in der Therapie unterstützt.
Jüngster Green Care Hof Kärntens
Mit den Angeboten "Tiererlebnis am Hof" und "Reittherapie/Reitpädagogik am Hof" ist der Gori-Hof im Lavanttal der jüngste Green Care-Betrieb in Kärnten. Das Engagement von Eva-Maria Schmeißer und eine Vielzahl an unterschiedlichen Tieren ermöglichen Kindern im Alter von fünf bis zehn Jahren unvergessliche Erlebnistage am Hof. Die geschulte Reitpädagogin lässt die Kinder tatkräftig mitanpacken, wenn es um Routinearbeiten mit den Tieren oder um die gemeinsame Jausenzubereitung geht. Sie vermittelt spielerisch Wissenswertes zur Landwirtschaft, Tierhaltung und Lebensmittelproduktion. Auf Wunsch kommen auch das Reiten und Voltigieren nicht zu kurz.
Alternativer Lebensraum am Bauernhof
Kärnten ist zur Vorzeigeregion in puncto "Pflege und Betreuung" von Menschen, die ihren Alltag aufgrund des Alters nicht allein bewältigen können, geworden. Bis zu sechs familienfremde Mitbewohner haben auf drei Kärntner Höfen, die als "Alternative Lebensräume" geführt werden, eine zweite Heimat gefunden. Diese niederschwellige Versorgungsform beugt Vereinsamung vor, ermöglicht eine Entlastung der Alten- und Pflegeheime bis zur Pflegestufe 3 und schafft für die bäuerlichen Familien ein stabiles, finanzielles Zusatzeinkommen.