Von Wildbienen bis zu Waldtracht
Nach der Begrüßung durch den Obmann des Tierzuchtausschusses, KR Hansjörg Winkler, führte Tierzuchtdirektor Johann Burgstaller durch die Tagung. Am Tapet landete der Schwerpunkt „Honigbienen und Wildbienen – Koexistenz oder Konkurrenz?“. Vorwiegend ernähren sich beide von Blütenstaub und Nektar. Aktuell wird vermehrt darüber geforscht und diskutiert, inwiefern es daher hier zu Konkurrenzsituationen kommt. Mitglieder des Österreichischen Wildbienenrates und der Biene Österreich haben sich im Sommer 2022 zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen, um Zusammenhänge zwischen Ökosystemen und der gesamten Bienenfauna zu durchleuchten. Fragestellungen wie die Auswirkung von Imkerei auf die Wildbienenfauna in Schutzgebieten und welche Kapazitäten von Honigbienen welche Landschaften in welchem Ausmaß vertragen können, sollen untersucht werden. Johann Neumayer aus Salzburg, der dem Österreichischen Wildbienenrat angehört, arbeitet freiberuflich als Biologe. Sein wissenschaftliches Interesse gilt der Gruppe der Hautflügler und hier vor allem den Hummeln und Wildbienen. Honig- und Wildbienen sowie bestäubende Insekten übernehmen rund 80 bis 90 % der Bestäubungsarbeit von Nutz- und Wildpflanzen. Weltweit gibt es 20.000 Bienenarten, und neun davon sind Honigbienenarten. Allein in Österreich zählt man mehr als 703 verschiedene Wildbienenarten, welche sich in Lebensraum und Aussehen stark unterscheiden. 420 davon wurden auch in Kärnten bestimmt, und es werden jährlich immer mehr. Grund dafür ist vermutlich die Veränderung des Klimas und somit eine Verschiebung bzw. ein Zuzug von Arten aus dem Süden. Honigbienen leben hauptsächlich in großen Einheiten und sind auf Massentrachten spezialisiert. Wildbienen führen hingegen meist ein solitäres Einsiedlerleben und benötigen im Vergleich nur einen Bruchteil der Nektar- und Pollenmengen, um zu überleben. Nutzungsintensivierungen sind für Honigbienen wie für Wildbienen nicht optimal und führen zu einem verminderten Angebot von Nahrung. Das eigentliche Problem sind aber vor allem ausgeräumte Landschaften, und wenn dann noch eine hohe Honigbienendichte hinzukommt, kann man durchaus auch von einer gewissen Konkurrenz sprechen. Die Anwanderung von Schutzgebieten in sogenannten Trachtlückenist trotzdem nicht besonders sinnvoll. Naturschutzgebiete sind nicht umsonst als solche ausgewiesen. Für die Bestäubung von diversen Kulturarten werden ebenfalls verschiedene Insekten, wie zum Beispiel Hummeln, speziell gezüchtet. Auch das sollte kritisch betrachtet werden, denn es werden hierbei keine heimischen Arten verwendet.
Gutes Honigjahr
Das Honigjahr 2022 wird rückblickend als großteils zufriedenstellend eingestuft. Der Wald bzw. die Waldtracht ist für uns Imker von großer ökonomischer Bedeutung. Der begehrte, würzige, dunkle Waldhonig entsteht durch das Zusammenspiel verschiedener Insekten im Ökosystem Wald. Durch die Veränderung der Umweltbedingungen zeichnen sich auch im Bereich der Entstehung und Entwicklung der Honigtauerzeuger unterschiedliche Ausgangssituationen ab. In die Beobachtungen des Wanderlehrers Ernst Tiefenthaler fließen die eigenen Erfahrungen aus seiner 34-jährigen Tätigkeit als Imker mit ein. Für die Waldtracht ausschlaggebend sind Honigtauerzeuger. Zu ihnen zählen Rinden- und Schildläuse (Lachniden und Lecanien) an Nadelbäumen, die bei uns vorwiegend als Trachtquellen dienen. Die Honigtauerzeuger ernähren sich von überschüssigem Pflanzensaft dieser Bäume, und ihre zuckerhaltigen Absonderungen bezeichnet man als Honigtau. Dieser wird von Bienen und Ameisen gesammelt. Das Vorkommen von Lauspopulationen in Kombination mit Witterungsverhältnissen sind wesentliche Faktoren für eine Waldhonigernte. Auch das Auftreten von Fressfeinden wie Raupen oder Schlupfwespen und Nahrungsdepressionen der Honigtauerzeuger haben einen Einfluss. Wenn im Frühjahr der Wald vermehrt blüht, was für uns durch starkes Auftreten von Blütenstaub gut erkennbar ist, geht die Energie der Bäume vor allem in die Vermehrung, und die Produktion von ausreichend Pflanzensaft für die Ernährung von Honigtauerzeugern ist nicht gegeben. Für die rotbraun bepuderten Fichtenrindenläuse zum Beispiel, die sich in vier bis sechs Generationen in einem Jahr reproduzieren können und somit vor allem zu einer Massentracht beitragen können, sind ein warmer Spätherbst im Vorjahr, ein kalter März und ein warmer April die besten Bedingungen. Starker Regenschauer im Sommer kann jedoch die besten Voraussetzungen rasch zunichtemachen. Wenn man jedoch mit offenen Augen durch den Wald geht, ist es möglich, das Auftreten der Honigtauerzeuger selbst festzustellen. Ameisenstraßen, die auf Bäume führen, oder Honigtautropfen auf Blättern und Nadeln sind auch Hinweise für das Vorkommen dieses wertvollen Absonderungsproduktes. Die veränderten Klimabedingungen machen Vorhersagen schwieriger. Wenn man die Umgebung des Standortes unserer Bienenvölker aufmerksam beobachtet, hat man aber die besten Voraussetzungen, den Standort rechtzeitig anzupassen.