Vom „Spinner“ zum Gewinner
Herr Dr. Thoma, einer Ihrer Vorträge trägt den Untertitel „Von der Natur lernen und besser leben.“ Was meinen Sie damit?
Dr. Erwin Thoma: Ich war in meinem ersten Beruf Förster. Da habe ich den Wald als System erlebt, das in einer für den Menschen nicht fassbaren Weise perfekt vernetzt ist. Im Wald werden gigantische Mengen an Material gebildet, transportiert und rückgebildet. All das passiert, ohne dass von außen Energie zugeführt wird, Müll anfällt oder anderes Leben belastet wird. Das war für mich immer ein spannender Gegenentwurf zu dem, was wir Menschen in unserer modernen Gesellschaft treiben.
Ihr Name und Ihr Unternehmen sind eng mit den Themen Mondholz, naturnahe Bauweise und Niedrigenergie verknüpft. Wie kamen Sie dazu, Unternehmer zu werden – das war Ihnen ja nicht in die Wiege gelegt?
Ich bin in Bruck an der Glocknerstraße aufgewachsen. Wir waren fünf Brüder, und als wir noch in die Schule gingen, ist unser Vater gestorben. Wir mussten also früh Verantwortung übernehmen und haben gelernt, was es heißt, hart zu arbeiten. Ich habe selbst die Forst-HTL in Gainfarn bei Bad Vöslau absolviert. Förster zu sein war immer mein Traumberuf. Nach der HTL wurde ich der jüngste Revierförster Österreichs und habe diesen Beruf auch mehrere Jahre lang ausgeübt. Diese Zeit war für meinen weiteren Lebensweg prägend. Der Großvater meiner Frau, ein Zimmermann, hat uns immer wieder besucht und mir sehr viel zusätzliches Wissen zum Baustoff Holz vermittelt. Die von ihm errichteten Häuser hatten Ästhetik und vor allem waren sie sehr naturbelassen. Ich fühlte mich dort wohl und zeigte keine negativen gesundheitlichen Reaktionen, die bei mir in herkömmlichen Häusern auftraten.
Und da entschieden Sie, die Försterei aufzugeben und Unternehmer zu werden?
Ja. Der endgültige Auslöser war, dass wir umgezogen sind und unsere Söhne in unserem Haus Krankheitssymptome wie Asthma und Allergien entwickelt hatten. Die Ärzte meinten, dass dies Reaktionen auf die verleimten Holzplatten im Haus waren. Das war für mich ein Schock. Wir haben daraufhin das ganze Haus entkernt und alles durch massives Holz ersetzt. Die Burschen sind daraufhin gesund geworden, und das war der letzte Anstoß, mich selbstständig zu machen. Ich gründete also mit 27 Jahren ein Unternehmen – mit dem über 80-jährigen Großvater meiner Frau als Berater.
Wie waren die Anfänge?
Wir wurden ausgelacht, als Spinner verspottet, so nach dem Motto: „Was wollen denn der junge Hüpfer und der alte Mann“? Ich habe aber gesehen, wie relevant das Wissen des Großvaters war. Und ich hatte meinen Weg gefunden: Ich wollte Häuser bauen, die gesünder sind, als das, was die Industrie anbietet. Der Fokus in den ersten zehn Jahren des Unternehmens lag auf dem Thema „Gesundheit“, und ich habe begriffen, dass die einzige Quelle dafür die Natur ist, in der ich säen und ernten darf. Wir mussten nichts besser machen als die Natur, sondern bloß das, was uns der Herrgott gab, in seiner Qualität erhalten.
Sie stehen für das Thema ‚Mondholz’. Was verstehen Sie darunter?
Das Wissen habe dazu ich vom Großvater meiner Frau übernehmen dürfen. Er lehrte mich, dass das Holz länger hält, wenn man es zum richtigen Zeitpunkt fällt. Dieses „Mondholz“ wird bei abnehmendem Mond geschlagen und unterscheidet sich durch die veränderte Wasserverteilung im Holz von normalem Holz. Es ist dann dauerhaft resistenter gegen Pilzbefall und Insekten, auch ohne es zu streichen. Das konnte ich zu meinem anfänglichen Staunen immer wieder beobachten. Wir haben uns dann – inzwischen waren wir fünf bis sechs Leute in der Firma – auf dieses Thema konzentriert und nur mehr solches Holz verarbeitet.
Wie weit sind diese von Ihnen dem „Mondholz“ zugeschriebenen Eigenschaften auch wissenschaftlich abgesichert?
Ich hatte immer ein Tagebuch geführt und meine Erfahrungen und das Wissen des Großvaters aufgezeichnet. Irgendwann wurde ein Kunde aus dem Verlagswesen darauf aufmerksam und überredete mich, ein Buch daraus zu machen. Ich war anfangs skeptisch, da die Medien eine Welt waren, die ich nicht kannte. Aber 1993 erschien „Dich sah ich wachsen – Was der Großvater noch über Baume wusste“ (mittlerweile in der 8. Auflage erhältlich, Anm. d. Red.). Ich hatte darin nur meine Beobachtungen niedergeschrieben, konnte diese aber nicht wissenschaftlich beweisen. Entsprechend viele Diskussionen löste das Buch beim Erscheinen aus. Ich hatte das Glück, dass zu einem Zeitpunkt, als wir in unserer Firma noch über zu geringe Mittel für die Forschung verfügten, ein Professor der renommiertesten technischen Hochschule in Europa, der ETH Zürich, mein Buch gelesen hat. Das hat ihn so interessiert, dass die ETH ein fünfjähriges Forschungsprojekt zum Thema „Mondholz“ startete. Das Ergebnis: Alles, was wir zum Thema herausgefunden hatten, wurde darin bestätigt. Ich war damit wissenschaftlich von qualifiziertester Stelle abgesichert und kein „Esoteriker“, wie manch Kritiker behauptet hatte.
Wie wichtig war das Thema Mondholz für Sie und Ihr Unternehmen?
Das war nur ein Glied der Wertschöpfungskette, die wir aufgebaut hatten, hat aber neben dem technischen Vorteil, den wir schon damals hatten, dazu beigetragen, dass wir sehr bekannt wurden. Wir konnten nicht zuletzt dadurch kontinuierlich wachsen.
Stichwort „Technischer Vorteil“. Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal?
„Holz100“, wie wir es nennen, haben nur wir geschafft. Es besteht zu 100 % aus naturreinem, mondphasen-geschlägertem, heimischem Nadelholz aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Die Wände unserer Gebäude sind mit Holzdübeln mechanisch verbunden, damit erhalte ich schon einmal die doppelte Wärmedämmung. In diesem Bereich haben wir den Weltrekord aufgestellt. Wir garantieren zudem jedem Bauherrn – meines Wissens als einziger Hersteller – dass in seinem Haus 50 Jahre lang nichts kondensiert oder schimmelt. Dazu kommt, dass Leim, Metall, Holzschutzmittel oder sonstige Chemie in unseren Häusern nicht zum Einsatz kommt. Wohnqualität und Raumklima sind daher einzigartig, die Energieeffizienz ist dank der besseren Isolation und geringerer Wärmeleitfähigkeit von Holz deutlich besser als bei mineralstoffbasierten Häusern, und unsere Gebäude sind nachhaltig. Am Ende der Nutzungsdauer kann ich das Material wiederverwenden, während herkömmliche Häuser – auch verleimte Holzhäuser – zum Sondermüll werden. Unsere Maxime war immer die höchste Qualität – genau das muss auch der Weg für die gesamte österreichische Land- und Forstwirtschaft sein. Wenn ich die Top-Qualität erreicht habe, muss ich im nächsten Schritt überlegen, wie ich diese mit effizienten und rationellen Mitteln erzielen kann.
Welche Musterprojekte gibt es und bis zu welchen Größen?
Nachdem wir viele Einfamilienhäuser errichtet hatten, erhielt ich 2002 den ersten Großauftrag, ein Hotel so groß wie 40 Einfamilienhäuser auf der Seiser Alm in Südtirol zu bauen. Das war das erste große Holzhotel Europas. Wir haben viele Hotels und Wohnhäuser und Objektbauten in ganz Europa gebaut, von Italien über Holland bis Norwegen, aber auch in Japan und Südafrika. Mittlerweile stehen über 3000 Bauten von uns in 30 Ländern, von den Subtropen bis zum Polarkreis. Ein aktuell sehr spannendes Projekt von uns ist das weltweit erste Krankenhaus komplett aus Holz. Dieses wird in Arlesheim bei Basel (CH) auf der Grünen Wiese umgesetzt.
Sie betreiben am Firmensitz in Goldegg auch ein Forschungszentrum. Auf welche Erfolge kann dieses verweisen?
Wir haben immer die Themen vorgegeben. Das ist auch eine Botschaft für die Landwirtschaft: Die Entwicklung treiben nicht die großen Hochseetanker, sondern immer die kleinen Wendigen. Wir haben das erste reine Holzhochhaus – in Hamburg – gebaut, dann das leiseste Holzhotel der Welt im Ötztal – mittels entkoppelter Bauweise. Wir waren die ersten, die Roboter in der Produktion eingesetzt haben etc. Es ist uns auch als Ersten gelungen, ein Passivhaus ausschließlich aus Holz zu errichten – mit einer winddichten, aber atmungsaktiven Hülle. Wir waren die ersten, die abfallfrei gebaut haben. Meine Vision ist es, Häuser zu bauen wie einen Baum und Städte wie einen Wald. Dieser braucht keinen Dünger, keine Substanz von außen, er ernährt sich selbst von dem, was auf natürlichem Weg zurückgebaut wird. Auch die Häuser müssen so gedacht werden, dass wenn eines zurückgebaut wird, es die Rohstoffquelle für ein neues Haus ist. Das heißt: alles zerlegbar, alles verwertbar. Wir verarbeiten jedes Jahr Millionen von Holzdübeln – da bleibt dann auch die gesamte Wertschöpfung im Land und geht nicht zu Chemiekonzernen ins Ausland.
In Ihrer Unternehmensphilosophie nimmt das Stichwort Nachhaltigkeit breiten Raum ein. Wie halten Sie es mit den Lieferantenbeziehungen?
Unsere wichtigsten Lieferanten sind Bauern, dazu ein paar private Forstbetriebe. Wir haben sehr gute Beziehungen zu ihnen, und wir wollen auch dort anders denken. Wir haben nie eine Geschäftsbeziehung nach dem Motto aufgebaut: „Wenn der Markt in meine Richtung kippt, erpresse ich dich, und wenn er in deine kippt, erpresst du mich.“ Wir haben versucht, uns von Anfang an gegenseitig zu vertrauen und vereinbart, die großen Spitzen nach oben und unten auszulassen. Beispiel: Als die Borkenkäferkalamität in Österreich am Höhepunkt war, hat ein Großsägewerk um 35 bis 40 Euro pro Festmeter Holz eingekauft, wir haben den Preis mit 88 bis 90 Euro nach unten gedeckelt und sehr rasch wieder mehr gezahlt. Alles andere wäre unfair gewesen, da wir für unsere Häuser ja nach wie vor den gleichen Preis erzielen konnten wie vorher. Und diese gelebte, nachhaltige Partnerschaft ist für beide Seiten einfach großartig. Lieferengpässe kennen wir nicht.
Zur Person
Erwin Thoma: Geboren am 14. Februar 1962, aufgewachsen in Bruck an der Glocknerstraße. Nach der Forst-HTL zunächst Bergführer, dann Revierförster im Karwendel.
1989 Gründung der Thoma Holz GmbH, ab 1993 Autor diverser Bücher, gefragter Vortragender. Berufsbegleitendes Studium der Betriebswirtschaft, vielfache Auszeichnungen als Unternehmer.
Hobbys: Natur, Pferde, Jagd.
Landeswaldbauerntag:
Dr. Erwin Thoma hält am Landeswaldbauerntag im Rahmen der Int. Holzmesse am Samstag, dem 31. August einen Vortrag zum Thema „Zukunftswerkstatt Wald“.
Thoma Holz GmbH:
Die Thoma Holz GmbH zählt heute ca. 140 Mitarbeiter und fünf Standorte: Neben der Zentrale mit Forschungszentrum in Goldegg (Pongau) ein Werk in Stadl an der Mur, die Säge Gusswerk (beide Stmk), das Hobelwerk in Neukirchen am Großvenediger (Salzburg) und ein Werk im Schwarzwald (D).
1989 Gründung der Thoma Holz GmbH, ab 1993 Autor diverser Bücher, gefragter Vortragender. Berufsbegleitendes Studium der Betriebswirtschaft, vielfache Auszeichnungen als Unternehmer.
Hobbys: Natur, Pferde, Jagd.
Landeswaldbauerntag:
Dr. Erwin Thoma hält am Landeswaldbauerntag im Rahmen der Int. Holzmesse am Samstag, dem 31. August einen Vortrag zum Thema „Zukunftswerkstatt Wald“.
Thoma Holz GmbH:
Die Thoma Holz GmbH zählt heute ca. 140 Mitarbeiter und fünf Standorte: Neben der Zentrale mit Forschungszentrum in Goldegg (Pongau) ein Werk in Stadl an der Mur, die Säge Gusswerk (beide Stmk), das Hobelwerk in Neukirchen am Großvenediger (Salzburg) und ein Werk im Schwarzwald (D).