Verletztes Kalb - schnelle Hilfe ist gute Hilfe
Bei einem Landwirt stand der Almauftrieb für dieses Wochenende auf dem Plan. Die Almtiere waren bereits gegen Rauschbrand geimpft, die Kühe auf Trächtigkeit untersucht. Bei der letzten Kontrolle der Tiere auf vollständige Ohrmarken spielte ein im Fressgitter fixiertes Kalb plötzlich verrückt. Und ehe es noch aus dem Fressgitter freigelassen werden konnte, war es auch schon passiert - das rechte Horn war abgeschlagen. Die Hornscheide hatte sich komplett abgelöst, der Hornzapfen lag völlig frei, das Blut spritzte in alle Richtungen.
Ein erster Reflex wäre in solcher Situation die sofortige Befreiung aus dem Fressgitter gewesen. Da sich jedoch das Kalb zwischenzeitlich etwas beruhigt hatte und ein Niederstürzen und damit eine Verschlimmerung der Situation nicht zu befürchten war, entschied sich der Landwirt, das Kalb noch bis zur Erstbehandlung im Stand zu belassen. Außerdem würde er das Kalb nach diesem traumatischen Vorfall so schnell nicht noch einmal ins Fressgitter bekommen.
In dieser Unfallsituation bewährte sich, dass der Landwirt in einem "Bereitschaftskoffer" eine Stallapotheke für solche Fälle zusammengestellt hatte. So waren es nur wenige Schritte, er hatte Mullkompressen und Binden parat und konnte schnell einen Hornverband in Achterschleifen anlegen. Die spektakulär aussehende Blutung konnte so rasch gestoppt werden, und die bereits auf ihr Opfer lauernden Stallfliegen konnten keine Eier auf die frische Wunde bringen.
Ein erster Reflex wäre in solcher Situation die sofortige Befreiung aus dem Fressgitter gewesen. Da sich jedoch das Kalb zwischenzeitlich etwas beruhigt hatte und ein Niederstürzen und damit eine Verschlimmerung der Situation nicht zu befürchten war, entschied sich der Landwirt, das Kalb noch bis zur Erstbehandlung im Stand zu belassen. Außerdem würde er das Kalb nach diesem traumatischen Vorfall so schnell nicht noch einmal ins Fressgitter bekommen.
In dieser Unfallsituation bewährte sich, dass der Landwirt in einem "Bereitschaftskoffer" eine Stallapotheke für solche Fälle zusammengestellt hatte. So waren es nur wenige Schritte, er hatte Mullkompressen und Binden parat und konnte schnell einen Hornverband in Achterschleifen anlegen. Die spektakulär aussehende Blutung konnte so rasch gestoppt werden, und die bereits auf ihr Opfer lauernden Stallfliegen konnten keine Eier auf die frische Wunde bringen.
Klauen am Kopf
Hörner sind wie Klauen am Kopf. Der anatomische Aufbau von Klaue und Horn ist weitgehend vergleichbar - über der knöchernen Grundlage befindet sich die äußerst gut durchblutete und auch sensible Lederhaut, welche für eine gute Verankerung der Hornschale sorgt. Ausgehend von der genetisch an- oder nichtangelegten Hornknospe entwickelt sich etwa ab der siebenten Woche zuerst ein Hornhöckerchen, da die Knochenhaut des darunterliegenden Stirnbeins aktiv wird und immer mehr Knochengewebe zu einem knöchernen Hornzapfen schiebt. Zirka ab dem sechsten Lebensmonat wächst auch die Stirnhöhle in diesen Hornzapfen hinein, und ein kompletter Bruch des Hornes eröffnet ab diesem Zeitpunkt das System der Stirnhöhlen. Ob Hörner auch wichtige Funktionen zur Herstellung der Rangordnung oder als Sender in das Weltall haben und ob sie deshalb absolut schützenswert sind? Dazu wurde 2018 in der Schweiz sogar eine Volksinitiative gestartet.
Transport
Als Nächstes stellte sich im konkreten Fall des abgeschlauchten und erstversorgten Hornes die Frage: Soll und darf das Tier auf die Alm transportiert werden?
Leicht zu beantworten ist die Frage, ob ein derart verletztes Tier mit frischer Wunde auf die Alm gehört - keinesfalls! Eine Nachbehandlung wäre dort praktisch kaum möglich, eine Verschlimmerung durch Fliegen/Madenbefall bzw. durch Verschmutzung und neuerlicher Verletzung unausweichlich.
Die Frage, ob der Transport eines derart verletzten Tieres überhaupt stattfinden kann, ist im EU-Tiertransportgesetz, Anlage 1, geregelt und kann für verschiedene Situation unterschiedlich beantwortet werden:
Leicht zu beantworten ist die Frage, ob ein derart verletztes Tier mit frischer Wunde auf die Alm gehört - keinesfalls! Eine Nachbehandlung wäre dort praktisch kaum möglich, eine Verschlimmerung durch Fliegen/Madenbefall bzw. durch Verschmutzung und neuerlicher Verletzung unausweichlich.
Die Frage, ob der Transport eines derart verletzten Tieres überhaupt stattfinden kann, ist im EU-Tiertransportgesetz, Anlage 1, geregelt und kann für verschiedene Situation unterschiedlich beantwortet werden:
- Tiere mit Verletzungen, insbesondere großen offenen Wunden und schweren Organvorfällen sind nicht transportfähig.
- Ist eine Behandlung am Ort des Unfalles/der Erkrankung nicht möglich, ist ein Nottransport in einen Stall zur Pflege/Behandlung nach ordnungsgemäßer Erstversorgung möglich - das heißt, ein Transport vom Stall auf die Alm ist natürlich nicht erlaubt.
- Grundsätzlich ist vor einem ausnahmsweise möglichen Transport eines verletzten Tieres immer ein Tierarzt zur Diagnosestellung/eventuell Behandlung bzw. Beurteilung des ausnahmsweisen Transportes beizuziehen.
- Bei einem solchen ausnahmsweisen Transport dürfen dem Tier keine unnötigen Verletzungen und Leiden zugefügt werden (extra befördert, kürzester Weg).
Stallapotheke
Dass sich Tiere in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung verletzen, kann leider trotz Vorsorge manchmal nicht verhindert werden. Entscheidend ist nach einer Verletzung jedoch die rasche und fachgerechte Versorgung der Wunde. Ein gut sortierter Erste-Hilfe-Koffer sollte deshalb auch für den Stall stets bereitgehalten werden.
- Hilfsmittel: Einweghandschuhe, Rektalhandschuhe, Fieberthermometer, Schere, Rasierer, Pinzette, Messer, Hufmesser, Einwegspritzen, Taschenlampe, Geburtsstricke, -hölzer, Gleitmittel
- Desinfektionsmittel, Salben etc.: Desinfektionstücher, milde Wunddesinfektionsmittel oder Jodpräparate wie Betaisodonna, Wasserstoffperoxid 3%, Blauspray (Wartezeit beachten!), Arnikatinktur, Zinksalbe, Vita-Merfensalbe oder Ähnliches, Kühlgel, essigsaure Tonerde, Tierkohle, Elektrolytlösung zur raschen Durchfallbehandlung, diverse Hausmittel (Ringelblumensalbe, Käsepappelblätter, Eichenrinde etc.)
- Verbandsmaterial: sterile/unsterile Mullkompressen, Verbandsmull, Bandagierwatte, Mullbinden, selbsthaftende Binden, wasserfeste Klebebänder, Pflaster, sauberes Leintuch
Sieben Grundregeln
Grundsätzlich gelten bei Unfällen bzw. Verletzungen bei Haustieren folgende Grundregeln:
- Bewahren Sie möglichst die Ruhe und den Überblick.
- Behalten Sie bei der Rettung/Versorgung Ihres Tieres immer auch Ihre eigene Sicherheit im Auge.
- Lebenssichernde Maßnahmen zuerst – Atmung sichern, Blutung zum Stehen bringen.
- Im Zweifelsfall lieber früher als zu spät den Tierarzt zur Beurteilung verständigen.
- Schutz vor weiterer Verletzung oder Verschmutzung der Wunde/n
- Sollte eine Wunde vom Tierarzt chirurgisch versorgt werden, sollte dies möglichst inert drei Stunden gemacht werden. Eine vorherige Desinfektion mit scharfen Mitteln durch den Landwirt ist in diesem Fall zu unterlassen - sie stört eher die Wundheilung. Leichte Blutung reinigt sogar die Wunde. Eine schnelle Abdeckung der Wunde mittels eines sterilen Verbandes verhindert die Verschmutzung bis zur tierärztlichen Versorgung.
- Bei kleineren Verletzungen, welche selbst ausheilen können, oder stark verschmutzten Wunden ist gründliche Reinigung bzw. Desinfektion der Wunde jedoch wichtig. Danach kann weiter mit Wund- und Heilsalben oder auch Hausmitteln behandelt werden.
Gut erkannt - gut gelöst
Interessante tierärztliche Fälle aus der Praxis, von Tierärztinnen und Tierärzten sowie Bäuerinnen und Bauern beschrieben, finden Sie im Rahmen einer neuen Serie des Kärntner Bauer. Der Titel: „Gut erkannt, gut gelöst“. Sollten auch Sie einen interessanten Praxisfall gehabt haben, kontaktieren Sie: Mag. Kurt Matschnigg, Referat Tierproduktion, LK Kärnten, Terl.-Nr.: 0676/835 555 50.