Unfaire Handelspraktiken setzen Bauern zu
Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) startete im Oktober 2022 aufgrund stark gestiegener Preise eine Branchenuntersuchung in der Lebensmittelbranche. Nun wurden die Ergebnisse mitgeteilt. In der Landwirtschaft und bei Lebensmittelherstellern orten die Wettbewerbshüter im langjährigen Vergleich keinen auffälligen Anstieg der Gewinnmargen. Inflationsbedingt seien die Handelsspannen der Supermärkte „nicht systematisch“ angestiegen. Die Analyse zeige aber „mehrere Schwachstellen im Hinblick auf die Wettbewerbssituation“, sagte BWB-Chefin Natalie Harsdorf-Borsch. Die Anzahl eingemeldeter unfairer Praktiken gegenüber Lieferanten sei „sehr beunruhigend“.
Laut der BWB-Leiterin nahm die Behörde Ermittlungen gegen Supermarktketten wegen Verstößen gegen das Faire-Wettbewerbsbedingungen-Gesetz auf. Die Wettbewerbshüter konnten in ihrer Untersuchung nicht feststellen, dass sich die hohe Marktkonzentration im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel „kausal“ auf die Preisanstiege auswirkte. Speziell weist die Behörde in ihrem Bericht auf einen „Österreich-Preisaufschlag“ hin.
Es gebe in der Lebensmittelindustrie den Anreiz, für gleiche Produkte entsprechend ihren Länderstrategien teilweise unterschiedliche Preise zu verrechnen. Dies könne ein wesentlicher Faktor für höhere Preise in Österreich sein. Die BWB-Chefin will dies bei der Europäischen Kommission thematisieren. Ihre Empfehlungen, um den Wettbewerb im Lebensmittelmarkt anzukurbeln, reichen von Maßnahmen zur Erhöhung der Preistransparenz, Stärkung des EU-Binnenmarkts, Verbesserung der Transparenz bei Lebensmitteln, Stärkung des Verbraucherschutzes und keiner Irreführung bei Preisnachlässen bis zur Rechtssicherheit für Lieferanten durch Schriftform. Für ihre eigene Behörde wünscht sich Harsdorf-Borsch eine verbesserte gesetzliche Grundlage zur Durchsetzung von Maßnahmen. „Die Lebensmittelpreise werden vor allem durch internationale Märkte beeinflusst. Nichtsdestotrotz: Entlang der Lebensmittelkette herrscht ein Kampf mit ungleichen Waffen“, betonte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig. „Mehr als 110.000 Bäuerinnen und Bauern und eine Vielzahl von Lieferanten stehen vier großen Handelskonzernen gegenüber, die 91 % des heimischen Marktes kontrollieren. Dieses Ungleichgewicht führt zu harten Preisverhandlungen, drohenden Auslistungen oder aufgezwungenen Vertragsbedingungen.“ Konkret würden vier von zehn Lieferanten angeben, von „schwarzen Praktiken“ betroffen zu sein, hob Totschnig hervor. Um Lieferanten im Kampf gegen unfaire Handelspraktiken zu schützen, habe man das unabhängige Fairness-Büro eröffnet. Ein weiteres Problem sei der zunehmende Anteil an Eigenmarken im Lebensmitteleinzelhandel. Es könne vorkommen, dass ein Handelskonzern von einem Produktionsbetrieb einen gewissen Produktionsanteil für seine Eigenmarke in gleicher Qualität verlangt, aber mit deutlich geringerem Preis. Bei Verweigerung drohe die Auslistung des Markenproduktes.