Tierwohl und Nachhaltigkeit sichern Absatz und Fortbestand von Höfen
2023 war ein herausforderndes Jahr“, sagt Helmut Petschar, Geschäftsführer der Kärntnermilch. Dennoch konnte es mit einem nur leichten Umsatzminus abgeschlossen werden. Vor allem Energie, aber auch Verpackungs- und Transportkosten fielen ins Gewicht. „Nicht nur die Kärntnermilch, sondern auch die Bäuerinnen und Bauern litten unter enormen Preiserhöhungen, angefangen bei Futtermitteln bis hin zu explodierenden Preisen bei Energie und Diesel“, hebt Petschar hervor. Den Weg der Zukunft sieht der Geschäftsführer in der Qualität, in die das Unternehmen viel investiert. Gentechnik- und glyphosatfreie Milchproduktion werde seit Jahren verpflichtend umgesetzt. Seit Mai 2024 steht hinter der Marke „Kärntnermilch“ zu 100 % „Tierhaltung plus“, was auf der Verpackung sichtbar sein wird. Das AMA-Gütesiegel-Modul, zu dem sich die Milchlieferanten der Kärntnermilch verpflichtet haben, ist ein Schritt, der vor allem am deutschen Markt Voraussetzung für Erfolg ist. „Jeder vierte in Österreich produzierte Liter Milch wird in Form von Käse ins nordwestliche Nachbarland exportiert“, weiß der Präsident des Milchverbandes Österreich. Der Exportanteil am Umsatz der Kärntnermilch beträgt 27 %, zwei Drittel davon macht der deutsche Markt aus. Gemeinsam mit der Agrarmarkt Austria (AMA) habe man daher ein Projekt entwickelt, um die ITW-Anerkennung zu bekommen und die Absatzzahlen abzusichern beziehungsweise zu steigern. Die ITW ist ein deutsches, branchenübergreifendes Bündnis, das die Lebensqualität von Tieren für Verbraucherinnen und Verbraucher besiegelt kontrolliert. „Tierhaltung Plus“ sichere das Milchgeld und den Standort, erläutert der Kärntnermilch-Geschäftsführer, der hinzufügt: „Unser Ziel ist, die flächendeckende Milchproduktion im Berggebiet aufrechtzuerhalten. Ohne diese wäre es um die Kulturlandschaft und den Tourismus ganz anders bestellt.“ Als Herausforderung für die Zukunft sieht er anhaltend hohe Energiepreise. Daher, und auch im Sinne der Nachhaltigkeit, wurde 2023 eine Photovoltaikanlage in Spittal errichtet. Und: „Wir arbeiten mit der Kelag an einem Biomassekraftwerk, das Ende 2026/Anfang 2027 100 % des Dampfbedarfes produzieren und liefern soll“, berichtet Petschar. Der Brutto-Milchauszahlungspreis über alle Klassen liegt bei 56,76 Cent. „Wir möchten den Bäuerinnen und Bauern auch in Zukunft einen fairen Milchpreis auszahlen“, sagt Petschar. Dazu brauche es aber auch die Fairness der Partner entlang der Wertschöpfungskette. Auf der einen Seite werde den heimischen Produzenten mit Auflagen und Bürokratie viel abverlangt, zugleich gebe es den Import von mit geringeren Standards hergestellten Waren aus dem Ausland. Er nimmt Konsumentinnen und Konsumenten in die Pflicht, heimisch einzukaufen.
900 Milchbauern
Die Anzahl der Milchlieferanten sei von ca. 2400 im Jahr 1995 auf zuletzt 903 zurückgegangen, gibt Kärntnermilch-Obmann Albert Petschar zu bedenken. Zum Tierwohl plus hält er fest, dass 70 % der Betriebe Kombinationshaltung haben. 70 % der Milchmenge der Kärntnermilch stamme bereits aus Laufstallhaltung. Für das Berggebiet werde es in Zukunft eine Lösung brauchen, meint Petschar. Er fordert eine Umgestaltung des Fördersystems, „nicht mit einer Flächenprämie“. Der Kärntnermilch-Obmann tritt für ein Ökopunktesystem ein, wobei die Förderung in Hinkunft dann nicht mehr von der Fläche, sondern von der Arbeit abhängen solle, die geleistet wird. „Tierwohlsysteme müssen gesondert gezahlt werden“, fordert er.
Tierhaltung plus
Das neue Modul im AMA-Gütesiegelprogramm wurde mit Vertreterinnen und Vertretern der Molkereien und der Landwirtschaft entwickelt. Es beinhaltet
- risikobasierte Kontrollen, mindestens einmal jährlich
- mehr Bewegung für die Tiere an mindestens 120 Tagen im Jahr auf der Weide, auf der Alm oder im Stall.
- verpflichtende Scheuermöglichkeiten
- Teilnahme der Milchbäuerinnen und -bauern am erweiterten Tiergesundheitsmonitoring des Tiergesundheitsdienstes
- Futtermittel ohne Palm- bzw. Palmkernöl oder daraus hergestellten Fetten, stattdessen Getreide und Eiweißfuttermittel aus Europa.
Kennzahlen 2023
- Rohmilchjahresanlieferung pro Betrieb: 116.502 kg
- Milchverarbeitung:
- 116,40 Mio. kg (+ 2,91 % gegenüber 2022)
- Nettoumsatz:
- ca. 120,70 Mio. Euro (–0,60)
- Exportquote: 27,40 %
- Mitarbeiterstand: 213
- Brutto-Milchauszahlungspreis:
- 56,76 Cent/kg (+2,11 %)
- Brutto-Biowiesenmilchzuschlag:
- 10,049 Cent/kg
- Investitionen: 2,86 Mio. Euro