Motivation für Investitionen wecken
Kärntner Schweinebäuerinnen und Schweinebauern sind mit geänderten Rahmenbedingungen von der neuen Tierhalteverordnung über Förderstandards bis hin zu erforderlichen Umbauten konfrontiert. Worin sehen Sie die größte Herausforderung?
Die größte Herausforderung ist, die Motivation für Investitionen zu wecken. Derzeit kommen viele Faktoren zusammen, von den Rahmenbedingungen bis zu den Baukosten, die bei Bäuerinnen und Bauern nicht wirklich die Motivation fördern, Geld in die Hand zu nehmen. Um heute Förderungen zu bekommen, wenn man etwas baut, muss es in Richtung Tierwohl, weg vom konventionellen Schweinestall, gehen. Das stellt dann oft bei den Baugenehmigungen ein Problem dar. Jeder hätte gerne Tierwohl, nur nicht vor seiner Haustüre. Wenn ich heute einen Schweinestall mit Auslauf baue, sind die Schweine im Freien. Daraus resultiert wieder eine Lärmbelästigung. Wenn ich draußen mit Stroh arbeite, wenn irgendwo ein Misthaufen entsteht, gibt es eine Belästigung durch Geruch, aber auch durch Fliegen, weil sich die Maden im Misthaufen schnell vermehren. Das empfinden Konsumentinnen und Konsumenten, die am Wochenende entspannt im Grünen sitzen möchten, nicht als ideal. Natürlich haben wir dieses Thema auch bei konventionellen Schweineställen. Doch beim Tierwohlstall möchten die Konsument:innen zwar, dass die Schweine schön auf Stroh gebettet sind, aber, wenn es so ist, haben wir auch wieder ein Riesenproblem. Man kann nicht regional produzierte Lebensmittel haben wollen und keine Bäuerinnen und Bauern, die in der Umgebung sind. Es ist als Landwirtin und Landwirt heute sehr herausfordernd.
Welche Rolle spielen die Kosten, die durch erforderliche Umbauten entstehen, für die Produzentinnen und Produzenten?
Sie sind in den letzten Jahren extrem explodiert. Der Tierwohlstall kostet einfach um ein Eck mehr als ein konventioneller Stall. In Zeiten so hoher Inflation sieht man, dass Konsument:innen nicht bereit sind, diese teureren, unter besseren Haltungsbedingungen produzierten Lebensmittel zu kaufen. Tierwohlprogramme sind in Mengen schwer abzusetzen. Es wird eigentlich schon alles angeboten, damit jeder das Passende für sich kaufen kann. Wir haben Bio oder das AMA-Tierwohlmodul mit 60% und 100% mehr Platz für Schweine. Jeder Lebensmittelkonzern hat ein eigenes Tierwohlprojekt kreiert, um den Mitbewerber zu übertrumpfen. Aber, wenn man an den Regalen vorbeigeht, sieht man, dass das alles stark rabattiert angeboten wird. Anscheinend will sich das momentan keiner leisten, und es wird nur zum Billigsten gegriffen. Nach wie vor gibt es einen sehr rückläufigen Trend in der Schweineproduktion. Die Schweinehaltung ist in Europa stark zurückgegangen, in Deutschland massiv eingebrochen. Wir sind gerade in einer Phase, in der Ferkelbetriebe zusperren, wo ein Nachfolger fehlt. Wir haben knapp 106% Selbstversorgung in Österreich. Irgendwann, wenn sich der Trend in der Ferkelproduktion so fortsetzt und die Bereitschaft zum Weitermachen, zum Investieren nicht gegeben ist, könnte dies ins Wanken geraten.
Wie kann der Verband der Kärntner Schweineproduzenten Bäuerinnen und Bauern unterstützen?
Wir möchten das Bindeglied der Schweinebäuerinnen und -bauern hin zur Interessenvertretung, zum Verband Österreichischer Schweinebauern (VÖS) und zur Politik sein, um unsere Themen und unsere Bedenken hinsichtlich der Zukunft ansprechen und erklären zu können. Alle glauben immer, wenn der Schweinepreis passt, gibt es eigentlich keine Probleme. Das ist ein Irrglaube, es existieren preisunabhängig sehr viele Baustellen, die noch geklärt und abgearbeitet werden müssen. Wir möchten im VÖS vertreten sein und unseren Teil dazu beitragen, dass die Schweinehaltung in Kärnten und in Österreich eine Zukunft hat. Die Öffentlichkeitsarbeit wollen wir mit der Initiative SAUGUT forcieren. Im Rahmen dessen werden z.B. Servietten auf Grillfesten verteilt, es gibt Hoftafeln, Pickerln mit der Aufschrift "Frag‘ doch mal uns Bauern“ und Feste wie das Salamifest in Eberndorf. Ziel ist es, präsent zu sein. Von großer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch der Schweinelehrpfad: Seminarbäuerinnen erklären Schülerinnen und Schülern anschaulich und verständlich alles Wissenswerte vom Ferkel bis zum Mastschwein. Schülerinnen und Schüler erfahren, woher das Schnitzel eigentlich kommt, wie schwer ein Ferkel ist, welche Rassen es gibt und vieles andere rund um Zucht, Haltung und Fütterung.
Zur Person
Martin Egger führt mit seiner Ehefrau Gabriele, einer Seminarbäuerin, einen Betrieb in St. Michael ob der Gurk, Gemeinde Poggersdorf. Sie übernahmen den Bauernhof 2009 von den Eltern Gabrieles.
Der gemischt viehhaltende Betrieb war schon 1997 auf einen reinen Schweinemastbetrieb mit 700 Mastplätzen umgestellt worden. 2014 investierte die Familie Egger kräftig, darunter in ein neues Stallgebäude. Mittlerweile gibt es auf dem Betrieb 1.200 Schweine, damit gehört er, was die Produktion anbelangt, zu den Top-10-Betrieben in Kärnten.