Laubholzpflege: Mehr Hirn- statt Handarbeit nötig

Der Forstbetrieb Kärnten-Lungau der Österreichischen Bundesforste AG organisierte in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Mischwald des Landesforstdienstes das Seminar "Laubholzbewirtschaftung in der Praxis". Der theoretische Input und die praktische Umsetzung der Pflegemaßnahmen hinterließen beim Team des Forstbetriebes einen bleibenden Eindruck. Der Theorie widmete man sich am Vormittag des 20. Mai im Veranstaltungszentrum der Gemeinde Sachsenburg. Die Einheiten Qualifizierung und Dimensionierung sowie praktische Arbeiten am Vormittag und Nachmittag wurden im Forstrevier Millstatt der ÖBf AG auf der Waldfläche am Kalvarienberg bei Sachsenburg durchgeführt. Das Seminar wurde in Zusammenarbeit mit den Bezirksforstinspektionen Spittal an der Drau und Hermagor, dem Kärntner Waldpflegeverein, der Landwirtschaftskammer Kärnten und dem Arbeitskreis Mischwald des Landes Kärnten veranstaltet. Zu den Teilnehmern zählten Betriebsleiter-Stellvertreter Dipl.-Ing. Bernhard Pfandl-Albel sowie Revierleiter, Revierassistenten, Berufsjäger und das Holzernteteam, vor allem aber die Forstfacharbeiter aus dem Forstbetrieb Kärnten-Lungau. Dipl.-Ing. Pfandl-Albel konnte dazu auch Landesforstdirektor Dipl.-Ing. Christian Matitz und Dipl.-Ing. Gerd Sandrieser, Leiter der Bezirksforstinspektion Spittal/Drau, begrüßen.
Grundsätze der Bewirtschaftung
Im theoretischen Teil präsentierte und erläuterte Mag. Thomas Brandner die waldbaulichen Konzepte zur Laubwertholzerziehung. Dabei wurden auch die in den Bestandesphasen "Qualifizierung" und "Dimensionierung" notwendigen Pflegemaßnahmen ausführlich behandelt. Den Seminarteilnehmern wurde bewusstgemacht, dass die Laubholzpflege Know-how erfordert und generell der Grundsatz "mehr Hirn- als Handarbeit" gilt. Durch wenige, aber gezielte Eingriffe kann die künftige Entwicklung eines Baumes in Richtung Wertholz entscheidend beeinflusst werden.
Fehlende Pflege ist häufig für massiven Wertverlust bei Laubholz verantwortlich und führt unweigerlich zum billigsten Laubholzsortiment, dem Brennholz. Mit dem Vier-Phasen-Konzept "Etablierung - Qualifizierung - Dimensionierung - Reife" und gezielt durchgeführten Pflegemaßnahmen in der jeweiligen Phase lässt sich beim Laubholz mit überschaubarem Aufwand Premiumqualität erzeugen.
Kärntner Waldpflegeverein
Der Geschäftsführer des Kärntner Waldpflegevereines, Förster Michael Drug, berichtete über die Ziele und Tätigkeiten des Waldpflegevereines. Gemeinsam mit dem Waldbesitzer setzen Waldpflegetrainer nach dem Motto "Learning by doing" Waldpflegemaßnahmen von der Dickungspflege bis zur Erstdurchforstung um. Speziell in der Laubholzpflege ist es wichtig, rechtzeitig die richtigen Pflegemaßnahmen zu setzen. Deshalb schätzen die Waldeigentümer das Know-how des Waldpflegevereines sehr und nehmen es gerne an. Michael Drug konnte mit der Vorstellung von theoretischen Grundlagen und den praktischen Einflüssen wie Werkzeugwahl und richtigen Techniken auf die praktische Arbeit im Wald hinleiten.
Professionelle Vermarktung
Dipl.-Ing. Marian Tomaej von der Landwirtschaftskammer Kärnten unterstützt die Kärntner Waldbesitzer bei der Vermarktung von Wertholz im Zuge der sogenannten Wertholzsubmission in Slovenj Gradec in Slowenien. Hierbei werden für Einzelstücke wie 2021 für einen Bergahorn mit 24.000 Euro je fm Spitzenpreise erzielt. Das führt jedoch vielfach zu einer zu hohen Erwartungshaltung bei der Laubholzvermarktung. Beim Verkauf von Wertholz ist es wichtig, mit dem Käufer handelseins zu werden und erst danach den Wertholzbaum zu fällen. Wie die Ansprache für die Submission geeigneter "stehender Wertholzbäume" bzw. die Ausformung zu entsprechenden Wertholzblochen erfolgt, wurde ausführlich dargestellt und diskutiert.
Den Zielbaum vor Augen
Die Orte für den praktischen Einsatz wurden entsprechend den Phasen des Q/D-Konzeptes ausgewählt. Einer der wesentlichen Unterschiede zur Fichtenbewirtschaftung besteht darin, dass im Endbestand nur eine sehr geringe Anzahl (zirka 50 bis 70 Zielbäume) an Laubbäumen je ha verbleiben. Zur Darstellung des für die Wertholzproduktion notwendigen großen Kronendurchmessers wurde von den Seminarteilnehmern eine freistehende Esche am Kalvarienberg besichtigt.
Am Kronendurchmesser des hiebsreifen Baumes orientieren sich alle waldbaulichen Maßnahmen von der Aufforstung über die Pflegemaßnahmen bis zur endgültigen Festlegung der Zukunfts- bzw. Auslesebäume. Bei Eichen erreicht der Durchmesser 13 bis 15 m.

Formschnitt und Astreinigung
Formschnitte sind für die Laubwertholzerziehung, sofern kein ausreichender Dichtstand gegeben ist, unerlässlich. Mit den Waldpflegetrainern wurde die Umsetzung von Formschnitten besprochen und in der Bearbeitungsfläche auch in der Praxis durchgeführt. Bei Aufforstungsflächen ist es als erster Schritt unerlässlich, Zwieselschnitte durchzuführen und Steiläste, die in Konkurrenz zum Terminaltrieb stehen, zu entfernen. Dabei ist zu beachten, dass vor allem im unteren Schaftbereich zarte Äste erhalten bleiben, um dem Baum nicht zu viel Assimilationsmasse zu entziehen.
Um die natürliche Astreinigung zu fördern, sodass im Optimalfall keine weiteren Formschnitte mehr nötig sind, nützt der Waldbauer den Dichtstand. Pro Trupp (der Abstand von Trupp zu Trupp beträgt zirka 13 m) werden zwei bis drei Optionen ausgewählt, die als Zielbaum in Frage kommen. Wenn die Qualität dieser ausgewählten Bäume nicht ganz zufriedenstellend ist, wird ausschließlich bei den ausgewählten Optionen mit Formschnitten oder Wertastung nachgeholfen. Dabei werden insbesondere Zwiesel, Steiläste und Starkäste entfernt.
Qualifizieren und Dimensionieren
Im Bereich der Flächen am Kalvarienberg wurde die aus Naturverjüngung entstandene Laubholzfläche mit beigemischter Stieleiche, Bergahorn, Kirsche, Bergulme, Lärche (aufgeforstet) und Fichte besichtigt und die Phase der Dimensionierung besprochen. Dabei wurde im Abstand von etwa 12 m ein Zielbaum (Eiche) ausgewählt. Die Zukunftsbäume (Eiche) wurden im Zuge des Seminares markiert, freigestellt und geastet. Erfahrungsgemäß muss die Freistellung der Krone in sehr kurzen Abständen (drei bis vier Jahre) wiederholt werden, bis die Expansionskraft der Krone sinkt und die Reifephase erreicht wird. In dieser geht es schließlich darum, den Motor des Zuwachses, nämlich die Baumkrone, zu erhalten und das Absterben von Ästen in der grünen Krone zu verhindern.