Hunde für Herdenschutz: Gefahr für alle

Im Zusammenhang mit der Rückkehr der Wölfe wird von vielen Seiten der Einsatz von Herdenschutzhunden als wirksame Maßnahme zum Schutz der Weidetiere gegen Wölfe propagiert. Nicht zuletzt auf Grund des Drucks der EU-Kommission findet sich seit heuer auch ein freiwilliger Zuschlag für den Einsatz von Herdenschutzhunden in der ÖPUL-Maßnahme Behirtung wieder. Gezahlt werden 700 Euro für den Einsatz von maximal fünf Herdenschutzhunden. Diese müssen entsprechend ausgebildet bzw. zertifiziert sein. Der Abschluss einer eigenen Haftpflichtversicherung ist Voraussetzung für den Erhalt der Förderung.
Die LK Kärnten hat sich im Zuge der Begutachtung der ÖPUL-Richtlinie stets klar gegen die Förderung von Herdenschutzhunden auf den heimischen Almen ausgesprochen. Unterstützung für diese Position erhält die Interessenvertretung nun durch Sissy Lippitz vom Verein „Secure Base“. Das Zentrum in Frantschach bei Wolfsberg hat sich auf die Betreuung von Herdenschutzhunden spezialisiert, die meist auf Grund von Beißattacken gegenüber Besitzern, deren Familienmitgliedern oder Tierpflegern abgegeben wurden. Bei einem Ortsaugenschein von LK-Präsident Siegfried Huber bei Sissy Lippitz findet diese klare Worte: „Der Einsatz von Herdenschutzhunden auf den Kärntner Almen ist zum Scheitern verurteilt. Sie stellen eine Gefahr für alle dar!“, so Lippitz. Sie distanziert sich klar von allen Projekten und Organisationen, welche den Einsatz und die Zertifizierung von Herdenschutzhunden in Österreich fordern: „In Österreich können diese Tiere nicht eingesetzt werden. Dafür sind die Almen einfach zu klein, und der Tourismus ist zu ausgeprägt. In Ländern wie Rumänien oder Russland sieht das anders aus.“

Secure Base
Was die Haltung von Herdenschutzhunden bedeutet, wird erst klar, wenn man den Hof von Sissy Lippitz das erste Mal sieht. Die Hunde werden hinter mehr als 2 m hohen Gitterzäunen gehalten und mittels betonierter Streifenfundamente und stromführenden Übersprungschutzes zusätzlich am Ausbrechen gehindert. Diese Haltung wurde seitens der Behörde vorgeschrieben. Der zuständige Amtstierarzt Dr. Valentin Maierhofer erklärt: „Das sind keine Schoßhunde. Um die Gefahr zu beherrschen, braucht es entsprechende Vorrichtungen.“ Sissy Lippitz kümmert sich mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern liebevoll um die Hunde und bewahrt sie so vor dem Einschläfern. Aktuell leben 20 Hunde am Areal – mehr als 40 stehen auf der Warteliste. Würden Herdenschutzhunde auf den heimischen Almen eingesetzt, würde diese Liste noch wesentlich länger, fürchtet Lippitz: „Die Hunde sind zwei bis drei Monate auf den Almen, den Rest des Jahres müssen sie im Tal einerseits gemeinsam mit der Herde gehalten, andererseits aber so verwahrt werden, dass sie nicht ausbrechen können. Wie soll das gehen?“, fragt sich Lippitz.
LK-Position bestätigt
Siegfried Huber, Präsident der LK Kärnten, sieht die klare Position der LK Kärnten gegen den Einsatz von Herdenschutzhunden auf Kärntens Almen beim Besuch bestätigt. „Die Hunde sind arm, sie können ja nichts dafür. Herdenschutzhunde zur Abwehr der Wölfe kommen für mich in Kärnten nicht in Frage. Das ist eine Gefahr für Tourismus, Menschen und Tiere!“, so Huber abschließend.
Schweiz: 30 Beißattacken
Wohin der Einsatz von Herdenschutzhunden auf touristisch genutzten Almen führen kann, zeigt auch das Beispiel Schweiz. Dort werden mittlerweile rund 240 Herdenschutzhunde eingesetzt, wobei im Jahr 2020
rund 30 Beißattacken von Hunden auf Wanderer und deren Hunde dokumentiert wurden.
Secure Base
Secure Base ist die einzige spezialisierte Anlaufstelle in Österreich für die Notaufnahme, Unterbringung, Sozialisierung und Betreuung von Herdenschutzhunden. Auf dem Hof in Frantschach werden ausschließlich Hunde dieser Rassen betreut. Die Hunde werden damit vor der Einschläferung bewahrt.