Gewalt an Frauen – wo es Hilfe gibt

Im Zuge der UN-Kampagne „Orange The World“ gibt Dr. Barbara Pichler, Fachärztin am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in St. Veit an der Glan, Einblick in das sensible und oft tabuisierte Thema der Gewalt gegen Frauen. Warum es wichtig ist, für die Opfer ein sicheres, von Vertrauen getragenes und unterstützendes Umfeld zu schaffen, erklärt sie im Interview.

Welche Untersuchungen erwarten die Patientinnen in medizinischer Obhut?
Dr. Barbara Pichler: Wir nehmen diverse Abstriche zur DNA-Gewinnung. Es erfolgt eine Blutabnahme zur Abklärung von sexuell übertragbaren Erkrankungen. Zusätzlich wird Urin abgenommen, um zu eruieren, ob bewusstseinseintrübende Substanzen oder Drogen im Spiel waren.

Das lässt sich schwer in Zahlen ausdrücken, da zwischen verschiedenen Formen von Gewalt unterschieden werden muss. Die Dunkelziffer ist hoch. Betroffene holen sich oft erst Jahre nach dem Vorfall ärztliche Hilfe. Grundsätzlich wird sexualisierte Gewalt weltweit in allen gesellschaftlichen Schichten und in jeder Kultur ausgeübt. Nach einer Prävalenzstudie hat jede dritte Frau zwischen 18 und 74 Jahren ab dem Alter von 15 Jahren körperliche und/​oder sexuelle Gewalt erlebt. Vor allem häusliche Gewalt nimmt stetig zu. Die Hemmschwelle zu Übergriffen gegenüber Frauen sinkt rapide. Betroffene leiden oft an mehreren Formen der Gewalt (psychische, körperliche, soziale, ökonomische Gewalt etc.).

Es wird versucht, Wartezeiten möglichst gering zu halten, und gewährleistet, dass lediglich eine Untersucherin/​ein Untersucher involviert ist, um der Patientin Sicherheit zu vermitteln. Der Untersuchungsraum ist ein abgeschlossener Bereich. Unbefugte Personen können die Untersuchung weder optisch noch akustisch verfolgen. Es besteht Schweigepflicht, Daten werden anonymisiert.

Untersuchungen und Dokumentationen dürfen nur mit dem Einverständnis der Patientin durchgeführt werden. Die klinisch-forensische Untersuchung erfolgt nach einer speziellen Checkliste mit eigens erstellten Dokumentationsbögen. Anzeigepflicht besteht bei schwerer Körperverletzung. Bei Vergewaltigung muss das Einverständnis der Patientin zur Anzeige vorliegen. Es ist naheliegend, dass mit diesem Schritt Angst verbunden sein kann: Scheu vor den Behörden an sich, vor dem Ermittlungs- und Gerichtsverfahren, vor dem Bekanntwerden des Geschehnisses. Diese Sorge sollte der Patientin durch Beantwortung all ihrer Fragen genommen werden.

Frauen sollten sich unbedingt zeitnah an spezielle Beratungsstellen wenden. Nur so können weitere psychische und körperliche Folgeschäden verhindert bzw. vermindert werden.

Die Aktion „Orange the World“ wurde 2015 von der UN Women NY initiiert, um auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam zu machen. Im Zuge dessen werden weltweit Gebäude und Monumente orange beleuchtet. In Österreich wurde die Aktion erstmals 2017 durchgeführt. Als Kooperationspartner konnten Soroptimist Österreich, das Ban Ki-Moon Centre Wien und HeForShe Graz gewonnen werden, Schirmherrin ist die Schauspielerin Ursula Strauss.