Der Pansen hält die Kuh am Laufen
In Millionen von Jahren hat sich dieses Verdauungsorgan bestens an die natürlichen Verhältnisse angepasst. Die massive Leistungssteigerung in der Milchviehhaltung in den vergangenen 50 Jahren - unter starker Änderung der Fütterung - bringt dieses Wunderwerk Pansen nicht nur an seine Grenzen, sondern sehr oft auch darüber hinaus. Während eine Entzündung des Euters oder der Gelenke vom Landwirt/der Landwirtin relativ rasch als bedrohlich erkannt und behandelt wird, schaut es bei der Erkrankung des Pansens mit Erkennung und Reaktion ganz anders aus. Dabei ist der Pansen das größte und auch das zentrale Organ des Wiederkäuers, und Störungen der Pansenfunktion ziehen eine lange Liste von Folgeerkrankungen nach sich. Kaskadenartig lösen Störungen der Magen-Darm-Funktion nachfolgend Entzündungen der Milchdrüse bzw. Funktionsstörungen der Leber, der Körperabwehr, der Kapillarstrukturen aus.
Sehr oft kommt es bei Fütterung auf Höchstleistungen durch die starke Anflutung von leicht verdaulichen Kohlenhydraten (NFC, Stärke, Zucker) zu einer massiven Änderung der eigentlich perfekt abgestimmten mikrobiellen Besiedelung des Pansens, sowohl in der Zusammensetzung als auch in der Vielfalt. Bestimmte Futtermittel, Rationsgestaltungen, aber auch das Management in Fütterung und Haltung ändern die Pansenflora dahingehend, dass faserabbauende Gemeinschaften von Bakterien und Pilzen absterben und sich die Keimbesiedlung, aber auch die Oberflächenstruktur des Pansens an die geänderten fütterungsbedingten Verhältnisse anpasst. Durch die immer stärker werdende Bildung von Milchsäure sinkt der pH-Wert im Pansen immer weiter ab - es entsteht eine Azidose. Mit dem Absinken des pH-Wertes setzt sich im Pansen ein Teufelskreis in Gang, welcher die Kuh wie in einem Strudel nach unten zieht. Die erhöhte Anflutung der Milchsäure schädigt die Pansenpapillen, es kommt zu einer unbemerkten, aber riesigen Entzündung im Körper. Die Pansenwand wird angegriffen, teilweise zerstört, gerötet und für Entzündungsmoleküle immer durchlässiger. Diese Entzündungsmoleküle wie Histamine, LPS und andere gelangen im Übermaße in den Blutkreislauf und zeigen ihre negativen Auswirkungen an vielerlei Stellen des Körpers. Manche Symptome werden vom Landwirt/der Landwirtin schneller der chronischen Pansenübersäuerung zugeordnet, andere oft zu lange nicht als Folge dieser Erkrankung erkannt. Wenn der Milchfettgehalt stark absinkt, der Fett/Eiweißquotient in der Milch auf unter eins sinkt, dazu die Wiederkautätigkeit auf unter 40 Wiederkauschläge fällt, die Kühe abmagern und struppig ausschauen, dann wissen die meisten Landwirte/Landwirtinnen, was es geschlagen hat. Dass die aus dem Pansen ausströmenden Entzündungsfaktoren auch die Immunabwehr des Tieres massiv herabsetzen und damit der Grund für allgemeine Infektanfälligkeit oder ganz speziell für vermehrte Euterentzündungen sind, wird schon weniger erkannt.
Auch im Bereich der Klauenlederhaut wird die Wand der kleinsten Blutkapillaren geschädigt, und es entwickelt sich oft eine chronische Klauenrehe. Um chronische Pansenazidose schnell zu erkennen bzw. noch besser überhaupt zu vermeiden, bedarf es eines fundierten Grundwissens hinsichtlich der Futterkonservierung, Rationsgestaltung, des Stallbaus, der Haltung und des physiologischen Verhaltens von Milchvieh. Nur ein gesunder Pansen hält die Kuh am Laufen, nur eine gesunde Kuh wird Ihnen lange und gute Leistungen bringen.
Auch im Bereich der Klauenlederhaut wird die Wand der kleinsten Blutkapillaren geschädigt, und es entwickelt sich oft eine chronische Klauenrehe. Um chronische Pansenazidose schnell zu erkennen bzw. noch besser überhaupt zu vermeiden, bedarf es eines fundierten Grundwissens hinsichtlich der Futterkonservierung, Rationsgestaltung, des Stallbaus, der Haltung und des physiologischen Verhaltens von Milchvieh. Nur ein gesunder Pansen hält die Kuh am Laufen, nur eine gesunde Kuh wird Ihnen lange und gute Leistungen bringen.
Info: Fruchtbarkeitsseminar für Eigenbestandsbesamer, 29. November 2024 (Freitag), Zoom, online von 19 - 21.30 Uhr.
Azidose
Pansenazidose: Azidose bedeutet nichts anderes als Übersäuerung des Pansens. Der normale pH-Wert des Pansens von 6,2 - 7,0 wird durch das Zusammenspiel von hauptsächlich zelluloseverdauender Pansenflora und der abpuffernden Wirkung des Speichels, welcher beim Wiederkauen entsteht, relativ konstant gehalten.
Akute Pansenazidose: Es kommt zu einem raschen, starken und mindestens 24 Stunden anhaltenden Absinken des pH-Wertes im Pansen auf unter 5,5, sogar Werte unter 5,0 sind möglich. Die Verdauung ist massiv gestört, das Geschehen kann lebensbedrohlich sein. Diese Form tritt heutzutage seltener auf, kam früher bei unkontrollierter Aufnahme von Kraftfutter, Rübenschnitzeln, Melasse etc. öfters vor.
Subakute bzw. chronische Azidose: Bei dieser heute vorherrschenden Form sinkt der Pansen-pH-Wert nicht ganz so dramatisch. Er liegt etwa bei 5,5 - 5,8 und das auch nicht auf Dauer, sondern zeigt tageszeitliche, mehrstündige tiefe Phasen. Der ganze Organismus der Kuh fährt dadurch wie mit angezogener Handbremse, die Auswirkungen dieser chronischen Erkrankung zeigen sich in Verdauungsstörungen, Krankheitsanfälligkeit und Leistungseinbußen.
Akute Pansenazidose: Es kommt zu einem raschen, starken und mindestens 24 Stunden anhaltenden Absinken des pH-Wertes im Pansen auf unter 5,5, sogar Werte unter 5,0 sind möglich. Die Verdauung ist massiv gestört, das Geschehen kann lebensbedrohlich sein. Diese Form tritt heutzutage seltener auf, kam früher bei unkontrollierter Aufnahme von Kraftfutter, Rübenschnitzeln, Melasse etc. öfters vor.
Subakute bzw. chronische Azidose: Bei dieser heute vorherrschenden Form sinkt der Pansen-pH-Wert nicht ganz so dramatisch. Er liegt etwa bei 5,5 - 5,8 und das auch nicht auf Dauer, sondern zeigt tageszeitliche, mehrstündige tiefe Phasen. Der ganze Organismus der Kuh fährt dadurch wie mit angezogener Handbremse, die Auswirkungen dieser chronischen Erkrankung zeigen sich in Verdauungsstörungen, Krankheitsanfälligkeit und Leistungseinbußen.