„Der Mensch ist der wichtigste Faktor für Tierwohl“
Herr Dürnberger, lassen Sie mich direkt mit der Türe ins Haus fallen: Wie sieht heuer die Osterjause bei Ihnen privat aus?
Christian Dürnberger: Das Essen rund um Ostern ist bei uns zu Hause stark traditionell geprägt. Dazu gehört das so genannte „Geweihte“, wie wir im Oberösterreichischen sagen, also eine kalte Jause aus Brot, geselchtem Fleisch, Eiern und auch Kren. Aber ich weiß, warum Sie fragen: Es geht um vegan oder nicht vegan, richtig?
Richtig. Vegane Speisen kommen für Sie also nicht in Frage? Das Internet ist voll mit Rezepten für tierlose Ostermenüs.
Vegane Speisen kommen für mich durchaus in Frage, und es gibt auch Tage, an denen ich vegan oder vegetarisch esse. Aber ich esse eben auch Fleisch. Grundsätzlich müssen wir hier klimaethische und tierrechtliche Argumente unterscheiden: Klimaethisch ist es sinnvoll, dass wir alle weniger Fleisch essen. Wenn jemand so genannte „Tierrechte“ vertritt, lehnt er oder sie jedoch Fleischkonsum zur Gänze ab.
Das häufigste Argument für vegane oder vegetarische Ernährung ist das Töten und Schlachten von Tieren.
Wie sehen Sie als Ethiker den letzten Weg der Nutztiere?
Wer Fleisch isst, darf nicht ausblenden, dass dafür Tiere geschlachtet werden. Die meisten Menschen scheinen folgende Position zu vertreten: Es ist moralisch in Ordnung, Tiere zu halten, um sie zu schlachten, wenn die Tiere zuvor ein möglichst gutes Leben führen können und die Schlachtung möglichst stress- und leidensfrei geschieht.
Der Mensch tötet schon seit Jahrtausenden Tiere zu Nahrungszwecken. Trotzdem wirkt der Schlachtvorgang heute auf viele in der Gesellschaft verstörend.
Früher fand das Schlachten mitten in der Gesellschaft statt. Im eigenen Hinterhof. Das, was wir oft sehen, erscheint uns als „normal“. Heute haben wir all diese Prozesse weitgehend ausgelagert: Es sind wenige Menschen, die für Millionen das Schlachten übernehmen. Das ist natürlich eine ungeheure bequeme Situation für uns. Wir schauen auf die Lebensmittelproduktion als wären wir Außenstehende. Als hätten wir nichts damit zu tun. Was gelogen ist, denn es sind wir Bürgerinnen und Bürger, die die Rahmenbedingungen der Landwirtschaft und auch der Fleischverarbeitung vorgeben. Daher müssen wir wieder mehr hinschauen.
Der Begriff „Tierwohl“ ist in aller Munde. Bisher genügte Tierschutz. Wozu also Tierwohl – als Marketingstrategie?
Tierwohl ist beides: Ein berechtigtes Anliegen und ein Marketingbegriff, der zurzeit überstrapaziert wird. Ursprünglich meinte „Tierwohl“ mehr als „nur“ Tierschutz: Dem Tierschutz geht es darum, dass ein Tier nicht leidet. Tierwohlkonzepte fragen: Genügt das? Oder will ein Tier nicht mehr als nur Leidensfreiheit? Was bedeutet es für ein Schwein oder eine Kuh, ein gutes Leben zu führen? Diese Frage ist relevant für unsere gesamte Tierhaltung und deswegen sind veterinärmedizinische Forschungen rund um „Animal Welfare“, wie es im Englischen heißt, immer mehr im Kommen.
Wie sehr setzt die Landwirtschaft bei Tierwohl eigene Akzente – wie sehr ist sie von außen getrieben?
Wenn wir auf die vergangenen Jahrzehnte blicken, stellt sich bei mir der Eindruck ein, dass der Wunsch nach besseren Haltungsbedingungen eher von außen an die Landwirtschaft herangetragen wurde – was schade ist. So hat man viel Vertrauen verspielt. Langsam aber tut sich was, und das ist auch wichtig, denn: Es braucht praxisnahe Ideen von den Bäuerinnen und Bauern selbst. Wir, die Gesellschaft, sind oft so fachfremd, dass wir uns in diesen Debatten mit Vorschlägen eher zurückhalten sollten, finde ich.
Mehr Tierwohl ist ein Millionenprojekt – siehe Umbau der Ställe, siehe höherer Produktionsaufwand. Hätte die Gesellschaft nicht die moralische Pflicht, die vollen Kosten dafür zu übernehmen?
Klar ist: Wenn wir als Gesellschaft mit der gegenwärtigen Landwirtschaft unzufrieden sind, müssen wir etwas ändern und bereit sein, über konkrete Finanzierungsmodelle nachzudenken. Fromme Wünsche und moralisches Besserwissen alleine werden nichts ändern. Deswegen finde ich die sogenannte Borchert-Kommission in Deutschland spannend: Diese Kommission hat Vorschläge gemacht, wie der gesellschaftliche Wunsch nach besseren Haltungsbedingungen in der Landwirtschaft finanziert werden kann, beispielsweise durch eine Verbrauchssteuer auf tierische Produkte.
Einerseits der Ruf nach mehr Tierwohl – andererseits eine permanente Schnäppchenjagd an der Fleischtheke im Supermarkt. Wie kann dieser Widerspruch aufgelöst werden?
Gar nicht. Wir Menschen sind keine tugendhaften Säulenheilige, daran wird sich nichts ändern. Ich glaube also nicht daran, dass wir es schaffen werden, dass 80 oder 90 % plötzlich „tugendhaft“ einkaufen, also auf Klima und Tierwohl achten und freiwillig mehr bezahlen. Vielleicht nennen das manche pessimistisch, ich nenne es realistisch. Da wir uns Menschen nicht ändern können, sollten wir daher die politischen Rahmenbedingungen ändern, wenn es uns Ernst ist mit Klimaschutz und Tierwohl.
Wie definieren Sie einen fairen Fleischpreis?
Ein Preis, der dem Umstand gerecht wird, dass hier jemand hart für ein Lebensmittel gearbeitet hat und dass hier ein Lebewesen für dieses Nahrungsmittel gehalten und geschlachtet wurde. Stand jetzt habe ich als Konsument oft den Eindruck, dass hier jemand den Preis bezahlt – aber ich bin es nicht. Eher der Landwirt und das Tier.
Lässt sich ein Schnitzel mit Beilage um 2,50 Euro aus Ihrer Sicht irgendwie rechtfertigen?
Hier dürfen wir nicht zu populistisch urteilen. Klar schreien wir bei solch niedrigen Preisen gerne empört auf, aber solche Angebote sind „Lockmittel“. Da möchte jemand zum Beispiel Kunden in sein Möbelgeschäft locken. Grundsätzlich sagt uns dieser niedrige Preis also nichts darüber aus, wie die Tiere gehalten worden sind. Aber auf symbolischer Ebene ist es natürlich ein horrendes Zeichen: Fleisch zu Spottpreisen!
Sie treten sehr dafür ein, dass neben den Stallungen in die Mensch-Tier-Beziehung investiert wird. Was meinen Sie damit?
Was ist denn der wichtigste Faktor, der darüber entscheidet, ob es einem Tier gut geht oder nicht? Ist es der Stall? Ist es die Frage ob „bio“ oder „konventionell“? Nein, es sind die Skills des Landwirts und der Landwirtin. Der Mensch ist der wichtigste Faktor. Daher sollten wir nicht nur in Gebäude und Haltungssysteme investieren, sondern auch in die verantwortlichen Menschen vor Ort. Sie brauchen Unterstützung und vor allem einen größeren Handlungsspielraum.
In sozialen Netzwerken werden Bäuerinnen und Bauern oftmals als Mörder oder Tierquäler beschimpft. In Deutschland ist das ein Riesenthema. Wie sollen Landwirte auf Hasspostings reagieren?
Ich habe vor einigen Jahren eine Studie zu diesem Thema gemacht und die Ergebnisse waren teilweise erschreckend. Es ist furchtbar, welche Kommentare Bauern und Bäuerinnen oftmals lesen müssen. Auf echte Hasspostings sollte man gar nicht reagieren, sondern sie archivieren, von der Seite löschen und zur Anzeige bringen. Zugleich darf man nicht jede radikale Kritik als „Hassposting“ bezeichnen. Jemand kann eine radikal andere Überzeugung vertreten, ohne persönlich beleidigend zu werden. Auf diese Art der Kritik sollte man durchaus eine Antwort haben.
Sind soziale Netzwerke für die Landwirtschaft überhaupt eine geeignete Plattform für einen Dialog mit den Konsumenten?
Jede Plattform hat ihre Chancen und Risiken. Wenn es um Werte und Vertrauen geht, „funktioniert“ jedoch nichts so gut wie die persönliche Begegnung zwischen zwei Menschen. Daher sind Initiativen wie „Tag der offenen Stalltür“ oder Führungen für Schulklassen von hoher Relevanz, wenn man über Landwirtschaft informieren und das Image verbessern will. Klar erreicht man hierbei immer nur sehr wenige Menschen – diese aber oft nachhaltig.
Umfragen zeigen regelmäßig eine hohe Zufriedenheit der Österreicher mit den Erzeugnissen und Leistungen der Landwirte. Innerhalb der Bauernschaft ist aber regelmäßig von einer fehlenden Wertschätzung für die Bauern die Rede. Wie lässt sich dieser Widerspruch zwischen Fremd und Selbstbild erklären?
Da muss man differenzieren: Die allermeisten Menschen sind mit den Produkten aus der Landwirtschaft hoch zufrieden, aber kritisch, wenn sie über die Produktionsbedingungen gefragt werden. Insofern verstehe ich die Landwirtinnen und Landwirte, die von einer fehlenden Wertschätzung sprechen. Zugleich dürfen wir das nicht überdramatisieren: Fast jede Berufsgruppe wünscht sich mehr Wertschätzung. Denken Sie an die Lehrerschaft oder das Pflegepersonal.
Wann sind Bäuerinnen und Bauern mit sich zufrieden – was haben Ihre Studien hier ergeben?
Wir Menschen ticken hier alle relativ ähnlich, würde ich sagen: Wir wollen nicht nur einem Beruf nachgehen, der uns ernährt, also uns ein Einkommen sichert, sondern wir wollen auch sagen können: Wir üben einen wichtigen Beruf aus und wir erledigen diesen Job gut, nach bestem Wissen und Gewissen. Diese Zufriedenheit braucht natürlich auch die Wertschätzung von außen.
Christian Dürnberger: Das Essen rund um Ostern ist bei uns zu Hause stark traditionell geprägt. Dazu gehört das so genannte „Geweihte“, wie wir im Oberösterreichischen sagen, also eine kalte Jause aus Brot, geselchtem Fleisch, Eiern und auch Kren. Aber ich weiß, warum Sie fragen: Es geht um vegan oder nicht vegan, richtig?
Richtig. Vegane Speisen kommen für Sie also nicht in Frage? Das Internet ist voll mit Rezepten für tierlose Ostermenüs.
Vegane Speisen kommen für mich durchaus in Frage, und es gibt auch Tage, an denen ich vegan oder vegetarisch esse. Aber ich esse eben auch Fleisch. Grundsätzlich müssen wir hier klimaethische und tierrechtliche Argumente unterscheiden: Klimaethisch ist es sinnvoll, dass wir alle weniger Fleisch essen. Wenn jemand so genannte „Tierrechte“ vertritt, lehnt er oder sie jedoch Fleischkonsum zur Gänze ab.
Das häufigste Argument für vegane oder vegetarische Ernährung ist das Töten und Schlachten von Tieren.
Wie sehen Sie als Ethiker den letzten Weg der Nutztiere?
Wer Fleisch isst, darf nicht ausblenden, dass dafür Tiere geschlachtet werden. Die meisten Menschen scheinen folgende Position zu vertreten: Es ist moralisch in Ordnung, Tiere zu halten, um sie zu schlachten, wenn die Tiere zuvor ein möglichst gutes Leben führen können und die Schlachtung möglichst stress- und leidensfrei geschieht.
Der Mensch tötet schon seit Jahrtausenden Tiere zu Nahrungszwecken. Trotzdem wirkt der Schlachtvorgang heute auf viele in der Gesellschaft verstörend.
Früher fand das Schlachten mitten in der Gesellschaft statt. Im eigenen Hinterhof. Das, was wir oft sehen, erscheint uns als „normal“. Heute haben wir all diese Prozesse weitgehend ausgelagert: Es sind wenige Menschen, die für Millionen das Schlachten übernehmen. Das ist natürlich eine ungeheure bequeme Situation für uns. Wir schauen auf die Lebensmittelproduktion als wären wir Außenstehende. Als hätten wir nichts damit zu tun. Was gelogen ist, denn es sind wir Bürgerinnen und Bürger, die die Rahmenbedingungen der Landwirtschaft und auch der Fleischverarbeitung vorgeben. Daher müssen wir wieder mehr hinschauen.
Der Begriff „Tierwohl“ ist in aller Munde. Bisher genügte Tierschutz. Wozu also Tierwohl – als Marketingstrategie?
Tierwohl ist beides: Ein berechtigtes Anliegen und ein Marketingbegriff, der zurzeit überstrapaziert wird. Ursprünglich meinte „Tierwohl“ mehr als „nur“ Tierschutz: Dem Tierschutz geht es darum, dass ein Tier nicht leidet. Tierwohlkonzepte fragen: Genügt das? Oder will ein Tier nicht mehr als nur Leidensfreiheit? Was bedeutet es für ein Schwein oder eine Kuh, ein gutes Leben zu führen? Diese Frage ist relevant für unsere gesamte Tierhaltung und deswegen sind veterinärmedizinische Forschungen rund um „Animal Welfare“, wie es im Englischen heißt, immer mehr im Kommen.
Wie sehr setzt die Landwirtschaft bei Tierwohl eigene Akzente – wie sehr ist sie von außen getrieben?
Wenn wir auf die vergangenen Jahrzehnte blicken, stellt sich bei mir der Eindruck ein, dass der Wunsch nach besseren Haltungsbedingungen eher von außen an die Landwirtschaft herangetragen wurde – was schade ist. So hat man viel Vertrauen verspielt. Langsam aber tut sich was, und das ist auch wichtig, denn: Es braucht praxisnahe Ideen von den Bäuerinnen und Bauern selbst. Wir, die Gesellschaft, sind oft so fachfremd, dass wir uns in diesen Debatten mit Vorschlägen eher zurückhalten sollten, finde ich.
Mehr Tierwohl ist ein Millionenprojekt – siehe Umbau der Ställe, siehe höherer Produktionsaufwand. Hätte die Gesellschaft nicht die moralische Pflicht, die vollen Kosten dafür zu übernehmen?
Klar ist: Wenn wir als Gesellschaft mit der gegenwärtigen Landwirtschaft unzufrieden sind, müssen wir etwas ändern und bereit sein, über konkrete Finanzierungsmodelle nachzudenken. Fromme Wünsche und moralisches Besserwissen alleine werden nichts ändern. Deswegen finde ich die sogenannte Borchert-Kommission in Deutschland spannend: Diese Kommission hat Vorschläge gemacht, wie der gesellschaftliche Wunsch nach besseren Haltungsbedingungen in der Landwirtschaft finanziert werden kann, beispielsweise durch eine Verbrauchssteuer auf tierische Produkte.
Einerseits der Ruf nach mehr Tierwohl – andererseits eine permanente Schnäppchenjagd an der Fleischtheke im Supermarkt. Wie kann dieser Widerspruch aufgelöst werden?
Gar nicht. Wir Menschen sind keine tugendhaften Säulenheilige, daran wird sich nichts ändern. Ich glaube also nicht daran, dass wir es schaffen werden, dass 80 oder 90 % plötzlich „tugendhaft“ einkaufen, also auf Klima und Tierwohl achten und freiwillig mehr bezahlen. Vielleicht nennen das manche pessimistisch, ich nenne es realistisch. Da wir uns Menschen nicht ändern können, sollten wir daher die politischen Rahmenbedingungen ändern, wenn es uns Ernst ist mit Klimaschutz und Tierwohl.
Wie definieren Sie einen fairen Fleischpreis?
Ein Preis, der dem Umstand gerecht wird, dass hier jemand hart für ein Lebensmittel gearbeitet hat und dass hier ein Lebewesen für dieses Nahrungsmittel gehalten und geschlachtet wurde. Stand jetzt habe ich als Konsument oft den Eindruck, dass hier jemand den Preis bezahlt – aber ich bin es nicht. Eher der Landwirt und das Tier.
Lässt sich ein Schnitzel mit Beilage um 2,50 Euro aus Ihrer Sicht irgendwie rechtfertigen?
Hier dürfen wir nicht zu populistisch urteilen. Klar schreien wir bei solch niedrigen Preisen gerne empört auf, aber solche Angebote sind „Lockmittel“. Da möchte jemand zum Beispiel Kunden in sein Möbelgeschäft locken. Grundsätzlich sagt uns dieser niedrige Preis also nichts darüber aus, wie die Tiere gehalten worden sind. Aber auf symbolischer Ebene ist es natürlich ein horrendes Zeichen: Fleisch zu Spottpreisen!
Sie treten sehr dafür ein, dass neben den Stallungen in die Mensch-Tier-Beziehung investiert wird. Was meinen Sie damit?
Was ist denn der wichtigste Faktor, der darüber entscheidet, ob es einem Tier gut geht oder nicht? Ist es der Stall? Ist es die Frage ob „bio“ oder „konventionell“? Nein, es sind die Skills des Landwirts und der Landwirtin. Der Mensch ist der wichtigste Faktor. Daher sollten wir nicht nur in Gebäude und Haltungssysteme investieren, sondern auch in die verantwortlichen Menschen vor Ort. Sie brauchen Unterstützung und vor allem einen größeren Handlungsspielraum.
In sozialen Netzwerken werden Bäuerinnen und Bauern oftmals als Mörder oder Tierquäler beschimpft. In Deutschland ist das ein Riesenthema. Wie sollen Landwirte auf Hasspostings reagieren?
Ich habe vor einigen Jahren eine Studie zu diesem Thema gemacht und die Ergebnisse waren teilweise erschreckend. Es ist furchtbar, welche Kommentare Bauern und Bäuerinnen oftmals lesen müssen. Auf echte Hasspostings sollte man gar nicht reagieren, sondern sie archivieren, von der Seite löschen und zur Anzeige bringen. Zugleich darf man nicht jede radikale Kritik als „Hassposting“ bezeichnen. Jemand kann eine radikal andere Überzeugung vertreten, ohne persönlich beleidigend zu werden. Auf diese Art der Kritik sollte man durchaus eine Antwort haben.
Sind soziale Netzwerke für die Landwirtschaft überhaupt eine geeignete Plattform für einen Dialog mit den Konsumenten?
Jede Plattform hat ihre Chancen und Risiken. Wenn es um Werte und Vertrauen geht, „funktioniert“ jedoch nichts so gut wie die persönliche Begegnung zwischen zwei Menschen. Daher sind Initiativen wie „Tag der offenen Stalltür“ oder Führungen für Schulklassen von hoher Relevanz, wenn man über Landwirtschaft informieren und das Image verbessern will. Klar erreicht man hierbei immer nur sehr wenige Menschen – diese aber oft nachhaltig.
Umfragen zeigen regelmäßig eine hohe Zufriedenheit der Österreicher mit den Erzeugnissen und Leistungen der Landwirte. Innerhalb der Bauernschaft ist aber regelmäßig von einer fehlenden Wertschätzung für die Bauern die Rede. Wie lässt sich dieser Widerspruch zwischen Fremd und Selbstbild erklären?
Da muss man differenzieren: Die allermeisten Menschen sind mit den Produkten aus der Landwirtschaft hoch zufrieden, aber kritisch, wenn sie über die Produktionsbedingungen gefragt werden. Insofern verstehe ich die Landwirtinnen und Landwirte, die von einer fehlenden Wertschätzung sprechen. Zugleich dürfen wir das nicht überdramatisieren: Fast jede Berufsgruppe wünscht sich mehr Wertschätzung. Denken Sie an die Lehrerschaft oder das Pflegepersonal.
Wann sind Bäuerinnen und Bauern mit sich zufrieden – was haben Ihre Studien hier ergeben?
Wir Menschen ticken hier alle relativ ähnlich, würde ich sagen: Wir wollen nicht nur einem Beruf nachgehen, der uns ernährt, also uns ein Einkommen sichert, sondern wir wollen auch sagen können: Wir üben einen wichtigen Beruf aus und wir erledigen diesen Job gut, nach bestem Wissen und Gewissen. Diese Zufriedenheit braucht natürlich auch die Wertschätzung von außen.
Zur Person
Christian Dürnberger: „Es braucht praxisnahe Ideen von den Bäuerinnen und Bauern selbst.“