Bäuerliche Selbstbedienungshütten liegen voll im Trend
Bequem sind Selbstbedienungshütten (SB-Hütten) sowohl für Produzenten als auch für Kunden. Der Zeitaufwand für den Verkauf verringert sich für den Produzenten, und nebenbei können die Corona-Auflagen perfekt eingehalten werden. Für Kunden besteht die Möglichkeit, rund um die Uhr komfortabel einzukaufen. Wird eine 24 h/7 Tage-Einkaufsmöglichkeit errichtet, sollten jedoch die damit verbundenen Rechte und Pflichten geklärt sein.
Fakt 1 – Recht zu verkaufen
Grundsätzlich steht es Landwirten zu, ihre selbst erzeugten Produkte im eigenen Namen und auf eigene Gefahr zu verkaufen. Sie können ihre Urprodukte und Erzeugnisse aus der Be- und Verarbeitung (Nebengewerbe) über verschiedene Vertriebswege anbieten. Dazu zählen auch Selbstbedienungsläden und Automaten. Produkte von anderen Landwirten mit zu verkaufen ist ebenfalls möglich. Es bedarf dafür keines Gewerbes, wenn der jeweilige Landwirt auf eigenen Namen und Rechnung verkauft. Dafür muss klar nachvollziehbar sein, von wem welche Produkte stammen (anhand der Etikettierung oder als Aushang im Laden). Abgerechnet werden darf erst nach Verkauf des Produkts. Werden die Produkte anderer Direktvermarkter vom Inhaber der Selbstbedienungshütte vorher abgekauft oder Handelsware mit verkauft, ist ein Gewerbe notwendig. Ein Gewerbe ist ebenfalls erforderlich, wenn eine Verköstigung vor Ort angeboten wird. Die Ausgabe unentgeltlicher Kostproben ist zulässig.
Fakt 2 – Standortanalyse
Der Standort des Selbstbedienungsladens spielt eine entscheidende Rolle, denn nicht überall lohnt sich diese Art der Vermarktung. Er sollte an einer gut frequentierten Stelle und mit dem Auto leicht erreichbar sein. Auf ausreichend befestigte Parkplätze ist zu achten. Das Grundstück, auf dem die SB-Hütte stehen soll, benötigt eine Baulandwidmung. Handelt es sich um Grünland, bedarf es einer naturschutzrechtlichen Bewilligung und eines landwirtschaftlichen Amtssachverständigengutachtens. Bis zum Ausmaß von 25 m2 Grundfläche und einer Höhe von 3,5 m ist die Errichtung bei der Gemeinde anzuzeigen bzw. lediglich mitteilungspflichtig. Überschreitet die Grundfläche 25 m2, müssen Bauverhandlungen geführt werden. Soll die Hütte auf einem fremden Grundstück stehen, ist eine zivilrechtliche Vereinbarung einzuholen oder dies im Einvernehmen mit dem Grundstückseigentümer festzulegen. Ist die Hütte neben einer Bundesstraße geplant, sind im Ortsgebiet die Bebauungsvorschriften einzuhalten. Eine Absprache mit der Gemeinde ist in jedem Fall erforderlich. Weder bei Selbstbedienungsläden noch bei Automaten gibt es jedoch Vorschriften bei den Öffnungszeiten.
Fakt 3 – Rechte Dritter
Eine Videoüberwachung der öffentlich zugänglichen Räume auf dem Betriebsgelände ist erlaubt, wenn dies zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich ist. Eine Verkaufsraumüberwachung zur Verhinderung von Diebstählen und Vandalismus wird als solches Interesse gesehen. Mit einem Schild muss auf die Kamera hingewiesen werden. Steht das Verkaufshäuschen direkt an der Straße und umfasst die Kamera auch den öffentlichen Raum, müssen die Rechte Dritter gewahrt werden. Die Videoüberwachung von öffentlichen Straßen außerhalb des Privatgrundstücks ist unzulässig.
Fakt 4 – Selbstbedienungshütte als Marke
Die Gestaltung der Verkaufseinrichtung kann auf vielfältigste Weise entstehen – etwa direkt am Hof, indem z.B. die leerstehende Milchkammer adaptiert wird, oder es werden leerstehende Geschäftsflächen im Ortskern oder an einer gut frequentierten Straße angemietet. Viele Betriebe entscheiden sich für ein kleines Gartenhäusl als Verkaufshütte. Der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Das Erscheinungsbild und die Einrichtung sollen zum Stil und zur Philosophie des Betriebes passen. Auf ausreichende Beleuchtung und Beschilderung ist Wert zu legen. Auch die Vielfalt der Produktpalette und die Kundenfrequenz spielen hinsichtlich der wirtschaftlichen Rentabilität eine entscheidende Rolle. Ist das Angebot breit gefächert und qualitativ hochwertig, zieht es Kunden durch Mundpropaganda an.
Fakt 5 – Produktkennzeichnung & Umsätze
Wichtig ist, dass bei den Produkten die rechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden. Hygieneanforderungen sind ebenso zu beachten (von der Urproduktion bis hin zum Verkauf) wie die damit verbundenen Zulassungs- oder Eintragungspflichten als Lebensmittelunternehmer. Ebenso gilt die Kennzeichnungspflicht für verpackte Lebensmittel. Die Kennzeichnung steht stellvertretend für den Erzeuger und schützt Konsumenten vor Täuschung, indem über alle wichtigen Produktinhalte informiert wird. Die Kennzeichnung muss direkt auf der Verpackung oder auf einem mit der Verpackung verbundenem Etikett angebracht sein. Bei der Produktkennzeichnung ist darauf zu achten, etwaige Allergene richtig auszuloben. Fachliche Beratung dazu bietet die LK mit dem Beratungsprodukt „Lebensmittelkennzeichnung“. Bei Verkauf im Freien außerhalb von Räumlichkeiten und bei Selbstbedienungsumsätzen gelten bei der Einzelaufzeichnungs-, Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht Ausnahmen und Erleichterungen. Unter Selbstbedienungsumsätzen werden Umsätze verstanden, bei denen der Kunde die Ware selbst entnimmt und anschließend durch Geldeinwurf in eine Kassabox selbst bezahlt. Diese Umsätze sind wie Automatenumsätze zu behandeln. Aus Vereinfachungsgründen und zur weiteren Gewährleistung dieser Art von Geschäften ist nur eine vereinfachte Losungsermittlung durch Auszählung und Aufzeichnung des Inhaltes der Kassabox durchzuführen.
Fakt 6 – Beratung ist wichtig
Verschiedene Abrechnungssysteme, die momentan bei SB-Hütten und Automaten im Umlauf sind, verlangen eine individuelle Betrachtung, was die Einzelaufzeichnungs-, Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht betrifft. Es macht sich überhaupt bezahlt, Beratung in Anspruch zu nehmen, denn jeder Betrieb ist anders strukturiert, und auch bei den einzelnen Produkten gibt es viele Ausnahmen und Besonderheiten hinsichtlich der Vermarktung zu beachten. Beratungsangebote der LK geben Hilfestellung bei der Umsetzung. Ansprechpersonen dafür sind die Lebenswirtschaftsberaterinnen mit dem Schwerpunkt Direktvermarktung sowie die Referenten der LK-Stabsstelle Recht. Für Direktvermarkter ist eine SB-Hütte bzw. ein Automat eine zusätzliche Absatzmöglichkeit – verbunden mit vielen Vor- und Nachteilen. Darüber sollte sich der Produzent im Klaren sein, bevor mit der Umsetzung gestartet wird. Exkursionen zu bestehenden Systemen machen sich ebenso bezahlt wie das Befragen der Stammkunden nach ihren Bedürfnissen. Dann kann dieser Verkaufsweg viel Freude bringen, denn Konsumenten sind durchaus bereit, etwas mehr für Produkte von heimischen Bauern zu bezahlen, die rund um die Uhr verfügbar sind.