Almwirtschaft: mehr Aufklärung und Zusammenarbeit als Ziele
Was bedeutet die einstimmige Wahl zum Obmann der Almwirtschaft Österreich für Sie persönlich, was für die Kärntner Almwirtschaft?
Der Vorarlberger Erich Schwärzler, der die Almwirtschaft Österreich in den letzten 15 Jahren mit großem Einsatz angeführt hat und den ich als dessen Stellvertreter auch menschlich sehr schätzen gelernt habe, hat mich als seinen Nachfolger vorgeschlagen. Nachdem auch alle anderen Almwirtschaftsvereine ihre Unterstützung bekundeten, habe ich mich bereiterklärt, mich der Wahl zu stellen. Für mich persönlich bedeutet diese Funktion neben dem Vertrauensvorschuss vor allem wohl auch einen erheblichen zusätzlichen Zeitaufwand. Für die Kärntner Almwirtschaft kann man es vielleicht auch als Anerkennung sehen, dass wir mit unseren Almen in vielen Bereichen durchaus auch mit den „klassischen“ Almbundesländern wie Salzburg, Tirol und Vorarlberg mithalten können. Ich denke, das haben wir auch bei der Ausrichtung der österreichischen Almwirtschaftstagung im Juni 2023 unter Beweis stellen können. Auch der Kärntner Ansatz für den Umgang mit Wölfen über die Wolfsverordnung hat in den letzten beiden Jahren bei den anderen Bundesländern Interesse hervorgerufen.
Welche Herausforderungen werden die Almwirtschaft in ganz Österreich in den nächsten Jahren am meisten beschäftigen?
Die größte Herausforderung ist für mich klar, dass ausreichend Vieh auf die Almen aufgetrieben wird, denn nur mit Weidetieren können diese sinnvoll bewirtschaftet und offengehalten werden. Bedingt durch die Klimaerwärmung und die damit verbundene längere Vegetationsdauer holt sich die Natur die offenen Almflächen ja nunmehr noch schneller zurück, wenn keine entsprechende Weidenutzung erfolgt. Deshalb ist jede Maßnahme, die den Almauftrieb stärkt, besonders wichtig. Neben den Direktzahlungen in der neuen Programmperiode, die verstärkt auf die aufgetriebenen Tiere und weniger auf die Fläche abzielen, denke ich auch an eine bessere Wertschöpfung bei der Vermarktung von Milch und Fleisch gealpter Tiere. Ein wesentlicher Punkt, der vor allem bei Schafen und Ziegen bereits in den letzten Jahren die Auftriebszahlen reduziert hat, ist der Umgang der Politik mit dem Großraubwild auf österreichischer und europäischer Ebene. Durchziehende Wölfe wird man nie ganz verhindern können, aber Wolfsrudel und eine flächendeckende Almbewirtschaftung, wie wir sie derzeit in Österreich noch haben, das geht einfach nicht zusammen – auch wenn manche davon träumen! Natürlich gibt es Unterschiede zwischen der Almbewirtschaftung in den östlichen Bundesländern, in denen vor allem Jung-, Galtvieh und Mutterkühe gealpt werden, und den westlichen Bundesländern, wo die Alpung von Milchkühen und Schafen eine große Bedeutung hat. Es gibt aber zwischen den sieben Almwirtschaftsvereinen in den Bundesländern eine gute Zusammenarbeit und dadurch ein entsprechendes gegenseitiges Verständnis für spezifische Problemstellungen.
Was sind Ihre wichtigsten Ziele und Vorhaben in der neuen Funktion?
Unsere Almbäuerinnen und Almbauern, aber auch die Hirten und Senner, vollbringen durch ihre tägliche Arbeit viele Leistungen für die gesamte Bevölkerung, von der Offenhaltung der Kulturlandschaft für den Tourismus und der Freizeitnutzung bis zum Erosionsschutz. Diese Tatsache ist vielen Almbesuchern nach wie vor viel zu wenig bewusst und hier gilt es, verstärkte Aufklärungsarbeit zu betreiben – auch im Zusammenhang mit der Wolfsdiskussion und mit der Freizeitnutzung auf Almen. Eine Herzensangelegenheit von mir ist der Aufbau einer Vermarktungsschiene und in weiterer Folge eine erhöhte Wertschöpfung für unsere hochwertigen Almprodukte. Bezüglich des Großraubwildes möchte ich die Zusammenarbeit mit unseren Nachbaralmregionen wie Bayern, Schweiz, Südtirol, Friaul und Slowenien forcieren, denn die Probleme sind überall dieselben, gemeinsam können wir gegenüber Brüssel jedoch ganz anders auftreten. Erste Gespräche dazu haben bereits bei der Almwirtschaftstagung in Kärnten stattgefunden.
Zur Person:
Obweger ist seit 2007 Obmann des Kärntner Almwirtschaftsvereines und war bis Ende Juli 2023 Obmann-Stellvertreter der Almwirtschaft Österreich. Er bewirtschaftet mit seiner Familie einen Bergbauernbetrieb mit Mutterkuhhaltung und Almwirtschaft in Millstatt und unterrichtet am Bildungszentrum Litzlhof unter anderem das Fach Almwirtschaft.