Agrargemeinschaften: Änderung von Anteilsrechten
Aufgrund eines Kaufvertrages wurden mit Eingabe vom 30. März 2017 unter Berufung auf die Gebührenbefreiung gem. § 15 Abs. 1 und Abs. 3 Agrarverfahrensgesetz (AgrVG) iVm § 13 Gerichtsgebührengesetz (GGG) die Absonderung und Löschung von Anteilsrechten im A2-Blatt der ehemaligen Stammsitzliegenschaft und im B-Blatt des agrargemeinschaftlichen Grundstückes einer Agrargemeinschaft sowie die Änderung (Reduzierung) des Anteilsrechte-Nenners bei den übrigen Stammsitzliegenschaften (im A-Blatt der jeweiligen Stammsitzliegenschaft und im B-Blatt des agrargemeinschaftlichen Grundstückes) bei einem Kärntner Bezirksgericht beantragt.
Mit Beschluss des zuständigen Bezirksgerichts vom 31. März 2017 wurde der Antrag bewilligt, und die Eintragungen wurden vollzogen. Jedoch wurde nach einer Kosten- und Gebührenrevision ein Zahlungsauftrag in Form eines Mandatsbescheides durch den Kostenbeamten des Bezirksgerichts am 7. Dezember 2020 erlassen, worin die Entrichtung einer Eintragungs- sowie Einhebungsgebühr vorgeschrieben wurde.
Die Verfahrensparteien erhoben gegen diesen Mandatsbescheid das Rechtsmittel der Vorstellung. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wurde ein neuer Bescheid mit 8. Juni 2021 erlassen, worin die Verfahrensparteien verpflichtet wurden, die Pauschalgebühr gem. TP 9 lit. b Z 1 GGG sowie die Eintragungsgebühr gem. § 6a Abs. 1 Gerichtliches Einbringungsgesetz (GEG) zu entrichten.
Gegen diesen neuen Bescheid wurde das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Dieses leistete der Beschwerde teilweise Folge, und der neue Bescheid vom 8. Juni 2021 wurde dahingehend abgeändert, als die Verfahrensparteien hinsichtlich der Eingabegebühr gem. TP 9 lit. a GGG in der Höhe von 42 Euro, der Einhebungsgebühr gem. § 6a Abs. 1 GEG i. H. v. 8 Euro sowie des Mehrbetrages gem. § 31 Abs. 1 GGG i. H. v. 21 Euro zur Zahlung verpflichtet wurden.
Ergänzend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass "Flurbereinigungsverträge und -übereinkommen … nicht von der Gerichtsgebührenbefreiung nach § 15 Abs. 3 AgrVG erfasst sind". Überhaupt haben die Verfahrensparteien einen verbücherungsfähigen Vertrag über Anteilsrechte abgeschlossen und "… sei die genannte Gebührenbefreiung, unabhängig davon, ob dieser Vertrag zur Durchführung der Flurbereinigung oder der zur Regelung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie anderer Felddienstbarkeiten verwirklichten Rechtsvorgänge erforderlich gewesen sei, nicht anzuwenden".
Die ordentliche Revision wurde durch das Bundesverwaltungsgericht mit der Begründung zugelassen, dass es zur Frage der Anwendbarkeit von TP 9 lit. b Z 1 GGG auf Grundbuchseintragungen im Zusammenhang mit der Übertragung von Anteilsrechten an einer agrargemeinschaftlichen Liegenschaft an einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung fehle.
Aufgrund der in weiterer Folge eingebrachten ordentlichen Amtsrevision hielt der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in seiner Entscheidung vom 5. September 2024, GZ: Ro 2022/16/0006-4, wie folgt fest:
"Nach der ständigen Rechtsprechung des OGH ist eine Agrargemeinschaft die Gesamtheit der jeweiligen Eigentümer der Stammsitzliegenschaften, an deren Eigentum ein Anteilsrecht an agrargemeinschaftlichen Grundstücken gebunden ist sowie allfälliger weiterer Personen, denen persönliche (walzende) Anteilsrechte zustehen. Die Agrargemeinschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass der jeweilige Eigentümer eines Hofes zur land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung berechtigt wird und die Anteile am Gemeinschaftsgut mit dieser Stammsitzliegenschaft realrechtlich verbunden sind.
Mit dem Eigentum an einer Stammsitzliegenschaft ist folglich nur ein bestimmtes Anteilsrecht an einer Agrargemeinschaft verbunden, nicht aber das Eigentum an bestimmten ihrer Grundstücke. Die Rechtsstellung als Mitglied einer Agrargemeinschaft verschafft dem Mitglied Nutzungsrechte, nicht aber bücherliche Rechte an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken.
Eine Agrargemeinschaft ist kein Miteigentumsverhältnis iSd. §§ 825 ff ABGB, sondern eine Sachgemeinschaft bzw. eine realrechtlich zweckgebundene Gemeinschaft, der im Fall einer körperschaftlichen Organisation auch Rechtsfähigkeit zukommt. Eigentümer der Stammsitzliegenschaften sind demnach keine Miteigentümer der agrargemeinschaftlichen Grundstücke, sondern Inhaber der als Realrechte einzustufenden Anteilsrechte. Der Bestand von agrargemeinschaftlichen Anteilsrechten ist vom Grundbuchstand unabhängig. Eine Änderung der Anteilsrechte, etwa aufgrund Wegfalls von Stammsitzliegenschaften bei Absonderung der Anteilsrechte, führt daher nicht zur Änderung der Eigentumsverhältnisse am betreffenden agrargemeinschaftlichen Grundstück. Eigentümerin des agrargemeinschaftlichen Grundstücks ist und bleibt die Agrargemeinschaft selbst.
Die Ersichtlichmachung der Änderung der Anteilsrechte stellt keine Eintragung (Einverleibung) zum Eigentumserwerb gem. TP 9 lit. b Z 1 GGG dar. Vielmehr handelt es sich gem. § 49 Abs. 2 zweiter Satz K-FLG iVm § 20 lit. b GBG nur um die Anmerkung von Rechtswirkungen, die bereits aufgrund der Bestimmungen des K-FLG ausdrücklich vorgesehen sind.“
Mit Beschluss des zuständigen Bezirksgerichts vom 31. März 2017 wurde der Antrag bewilligt, und die Eintragungen wurden vollzogen. Jedoch wurde nach einer Kosten- und Gebührenrevision ein Zahlungsauftrag in Form eines Mandatsbescheides durch den Kostenbeamten des Bezirksgerichts am 7. Dezember 2020 erlassen, worin die Entrichtung einer Eintragungs- sowie Einhebungsgebühr vorgeschrieben wurde.
Die Verfahrensparteien erhoben gegen diesen Mandatsbescheid das Rechtsmittel der Vorstellung. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wurde ein neuer Bescheid mit 8. Juni 2021 erlassen, worin die Verfahrensparteien verpflichtet wurden, die Pauschalgebühr gem. TP 9 lit. b Z 1 GGG sowie die Eintragungsgebühr gem. § 6a Abs. 1 Gerichtliches Einbringungsgesetz (GEG) zu entrichten.
Gegen diesen neuen Bescheid wurde das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Dieses leistete der Beschwerde teilweise Folge, und der neue Bescheid vom 8. Juni 2021 wurde dahingehend abgeändert, als die Verfahrensparteien hinsichtlich der Eingabegebühr gem. TP 9 lit. a GGG in der Höhe von 42 Euro, der Einhebungsgebühr gem. § 6a Abs. 1 GEG i. H. v. 8 Euro sowie des Mehrbetrages gem. § 31 Abs. 1 GGG i. H. v. 21 Euro zur Zahlung verpflichtet wurden.
Ergänzend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass "Flurbereinigungsverträge und -übereinkommen … nicht von der Gerichtsgebührenbefreiung nach § 15 Abs. 3 AgrVG erfasst sind". Überhaupt haben die Verfahrensparteien einen verbücherungsfähigen Vertrag über Anteilsrechte abgeschlossen und "… sei die genannte Gebührenbefreiung, unabhängig davon, ob dieser Vertrag zur Durchführung der Flurbereinigung oder der zur Regelung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie anderer Felddienstbarkeiten verwirklichten Rechtsvorgänge erforderlich gewesen sei, nicht anzuwenden".
Die ordentliche Revision wurde durch das Bundesverwaltungsgericht mit der Begründung zugelassen, dass es zur Frage der Anwendbarkeit von TP 9 lit. b Z 1 GGG auf Grundbuchseintragungen im Zusammenhang mit der Übertragung von Anteilsrechten an einer agrargemeinschaftlichen Liegenschaft an einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung fehle.
Aufgrund der in weiterer Folge eingebrachten ordentlichen Amtsrevision hielt der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in seiner Entscheidung vom 5. September 2024, GZ: Ro 2022/16/0006-4, wie folgt fest:
"Nach der ständigen Rechtsprechung des OGH ist eine Agrargemeinschaft die Gesamtheit der jeweiligen Eigentümer der Stammsitzliegenschaften, an deren Eigentum ein Anteilsrecht an agrargemeinschaftlichen Grundstücken gebunden ist sowie allfälliger weiterer Personen, denen persönliche (walzende) Anteilsrechte zustehen. Die Agrargemeinschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass der jeweilige Eigentümer eines Hofes zur land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung berechtigt wird und die Anteile am Gemeinschaftsgut mit dieser Stammsitzliegenschaft realrechtlich verbunden sind.
Mit dem Eigentum an einer Stammsitzliegenschaft ist folglich nur ein bestimmtes Anteilsrecht an einer Agrargemeinschaft verbunden, nicht aber das Eigentum an bestimmten ihrer Grundstücke. Die Rechtsstellung als Mitglied einer Agrargemeinschaft verschafft dem Mitglied Nutzungsrechte, nicht aber bücherliche Rechte an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken.
Eine Agrargemeinschaft ist kein Miteigentumsverhältnis iSd. §§ 825 ff ABGB, sondern eine Sachgemeinschaft bzw. eine realrechtlich zweckgebundene Gemeinschaft, der im Fall einer körperschaftlichen Organisation auch Rechtsfähigkeit zukommt. Eigentümer der Stammsitzliegenschaften sind demnach keine Miteigentümer der agrargemeinschaftlichen Grundstücke, sondern Inhaber der als Realrechte einzustufenden Anteilsrechte. Der Bestand von agrargemeinschaftlichen Anteilsrechten ist vom Grundbuchstand unabhängig. Eine Änderung der Anteilsrechte, etwa aufgrund Wegfalls von Stammsitzliegenschaften bei Absonderung der Anteilsrechte, führt daher nicht zur Änderung der Eigentumsverhältnisse am betreffenden agrargemeinschaftlichen Grundstück. Eigentümerin des agrargemeinschaftlichen Grundstücks ist und bleibt die Agrargemeinschaft selbst.
Die Ersichtlichmachung der Änderung der Anteilsrechte stellt keine Eintragung (Einverleibung) zum Eigentumserwerb gem. TP 9 lit. b Z 1 GGG dar. Vielmehr handelt es sich gem. § 49 Abs. 2 zweiter Satz K-FLG iVm § 20 lit. b GBG nur um die Anmerkung von Rechtswirkungen, die bereits aufgrund der Bestimmungen des K-FLG ausdrücklich vorgesehen sind.“
Conclusio
Nach dem klaren Wortlaut der TP 9 lit. b Z 1 GGG unterliegen Eintragungen in das Grundbuch zum Eigentumserwerb der Eintragungsgebühr.
Die Ersichtlichmachung der Änderung von Anteilsrechten im Grundbuch stellt keine Eintragung (Einverleibung) zum Eigentumserwerb gem. TP 9 lit. b Z 1 GGG dar.
Diese Eintragungen unterliegen schon im Hinblick auf die Ausnahmebestimmung der Anmerkung 12 lit. a zu TP 9 GGG keiner Eintragungsgebühr.
Die Ersichtlichmachung der Änderung von Anteilsrechten im Grundbuch stellt keine Eintragung (Einverleibung) zum Eigentumserwerb gem. TP 9 lit. b Z 1 GGG dar.
Diese Eintragungen unterliegen schon im Hinblick auf die Ausnahmebestimmung der Anmerkung 12 lit. a zu TP 9 GGG keiner Eintragungsgebühr.