Kommunizieren die Bäume miteinander?
Wissenschaftlich spricht
man von gemeinsamen Mykorrhizanetzwerken
- auf Englisch
"common mycorrhizal
Networks", kurz CMS. Es ist
eine faszinierende Theorie,
die auch von einem berühmten
Förster in Deutschland gerne
vertreten und auch als Argument
dafür herangezogen
wird, Wälder aus der Nutzung
zu nehmen. Wissenschaftler
kommen jedoch nun zum
Schluss, dass das Wissen über
CMS zu spärlich und ungeklärt
ist, um hier fundiert Ratschläge
zur Waldbewirtschaftung zu
geben.
Wissenschaftler zweifeln an Theorie
Eine Gruppe kanadischer
und amerikanischer Wissenschaftler
hat in einer Studie
die wissenschaftlichen Hintergründe
der Idee untersucht,
dass diese Verbindungen von
Bäumen genutzt werden, um
sich gegenseitig zu helfen und
sogar vor Feinden, Gefahr
oder Angriffen zu warnen. Dabei
wurden Untersuchungen
der letzten 25 Jahre analysiert.
Sie wurden kritisch daraufhin
überprüft, wie aussagekräftig
die Ergebnisse sind und wie effektiv
die Experimente durchgeführt
wurden.
Pilznetzwerke überschätzt
Eine Behauptung der Befürworter
der Theorie ist, dass
solche Pilznetzwerke überall
im Wald zu finden und auch
überall funktional sind. Theoretisch
sind Netzwerke zwar
möglich, aber auch wenn benachbarte
Bäume die gleiche
Pilzart aufweisen, könnten diese
von verschiedenen und voneinander
getrennten "Familien"
stammen. Pilze derselben
"Familie" konnte man bisher
nur bei zwei Baumarten nachweisen.
Bei mehr als 73.000
verschiedenen Baumarten auf
der Welt fehlt hier der wissenschaftliche
Beweis, dass solche
großflächigen Pilznetzwerke
in fast jedem Waldboden vorkommen.
Nährstoffaustausch nicht belegt
Natürlich wäre es von großem
Nutzen, wenn Nährstoffe
zwischen den Bäumen zum
Aufbau der Jugend verschoben
werden könnten. Jedoch fanden
die Autoren heraus, dass
vorhandene Untersuchungen
immer nur mit Sprösslingen
und nicht mit ausgewachsenen
Pflanzen durchgeführt
wurden. Selbst in diesen Studien
hatte nur ein kleiner Prozentsatz
der Sprösslinge einen
Vorteil daraus, der wiederum
oft durch negative Effekte aufgehoben
wird. Daher können
keine grundsätzlichen
Aussagen über den Gesamtwald
getroffen werden, dass
Bäume über das Pilznetzwerk
das Wachstum umliegender
Sprösslinge fördern.
Warnsignale nicht nachweisbar
Eine weitere Behauptung
ist, dass Bäume sich gegenseitig
vor Bedrohungen wie
Insektenschäden warnen,
indem sie über die Netzwerke
Signale aussenden. Dafür
konnten überhaupt keine Beweise
gefunden werden, denn
es gibt nur eine Studie im Gewächshaus
mit Untersuchungen
in Töpfen. Interessant bei
dieser Studie ist, dass es zwar
Signale über das Pilznetzwerk
gab, aber nur dann, wenn die
Wurzeln der einzelnen Pflanzen
sich nicht berührten.
Wenn die Wurzeln miteinander
verbunden waren, wie es
in der Natur der Fall ist, gab es
keine Signalübertragung.
Zitate oftmals nicht belegt
Bei der Analyse der vorhandenen
Studien konnte auch
ein Trend beobachtet werden,
dass ungenau zitiert wurde
und teilweise bis zu 50%
der Zitate nicht belegt
waren. In Teilen der wissenschaftlichen
Literatur scheint
sich dieser Trend auszubreiten
und mindert die Glaubwürdigkeit
der Wissenschaft.
Die Ergebnisse der Studie
sollen aber die Bedeutung
der Mykorrhizapilze für den
Wald keinesfalls schmälern.
Einige dieser Pilze sind für
den Nährstoffkreislauf und
die Produktivität der Bäume
unerlässlich, andere helfen
den Bäumen, Stressfaktoren
zu tolerieren, und wieder
andere fördern die unterirdische
Kohlenstoffbindung.
Der wissenschaftliche Originalartikel
ist unter folgendem Link
abrufbar: https://www.nature.com.