Trockensteher richtig füttern
Aktuelle Versuche der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau in Sachsen-Anhalt zeigen, dass es bei trockenstehenden Kühen große tierindividuelle Unterschiede in der Fressleistung gibt. Besonders jene Kühe, die in der Trockenstehzeit zu wenig Futter aufnehmen, zählen nach der Abkalbung zu den Problemkühen. Bei trockenstehenden Milchkühen ist in den letzten Tagen vor der Kalbung mit großen Unterschieden bei der Futteraufnahme der einzelnen Tiere zu rechnen.
Die Versuchsansätze in der Milchviehherde im Zentrum für Tierhaltung in Iden brachten Ergebnisse zum Fressverhalten hochleistender Milchkühe. Die Beobachtung einer Herde mit 107 Holsteinkühen erfolgte im Zeitraum von drei Wochen vor der Kalbung bis zum 60. Tag in der Laktation. Es wurden drei Gruppen entsprechend der täglichen Trockenmasse-Aufnahme (TM) in der letzten Trächtigkeitswoche gebildet
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Gruppe 1 „gering“
34 Kühe mit Ø 10,9 kg TM
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Gruppe 2 „mittel“
37 Kühe mit Ø 13,8 kg TM
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Gruppe 3 „hoch“
36 Kühe mit Ø 16,8 kg TM
Es zeigte sich, dass Kühe der Gruppe „gering“ unmittelbar vor der Kalbung am stärksten abfallen und diesen Nachteil in die Laktation mitnehmen (Grafik 1). Im Durchschnitt nehmen diese Tiere vor allem nach der Kalbung weniger Futter, somit auch weniger Energie auf und zeigen eine geringere Milchleistung (Tabelle 1). Durch die schlechtere Energieversorgung wird vermehrt Körperfett mobilisiert und im belasteten Stoffwechsel das Ketose-Risiko erhöht. Die Folge ist eine erhöhte Abgangsrate von Kühen dieser Gruppe aufgrund von Stoffwechselstörungen.
Problemkühe finden
In der Versuchsherde erfolgte parallel zur gemessenen Futteraufnahme täglich eine visuelle Einschätzung der Pansenfüllung mittels Hungergrubenscore (siehe Bilder). Die Benotung von 1 „sehr schlechte Füllung“ bis 5 „sehr starke Füllung“ deckt sich mit den Beurteilungskurven der Futteraufnahme (Grafik 2). Diese Beobachtungshilfe lässt sich für Praxisbetriebe nutzen, um Problemkühe mit schlechtem Futterverzehr im Rahmen des praktischen Fütterungscontrollings zu erkennen und darauf im Management zu reagieren. Für Kühe vor der Kalbung ist die Note 4 anzustreben, ein deutlicher Abfall in der Benotung erfordert unbedingt Maßnahmen zur Verbesserung der Futteraufnahme.
Die Versuchskühe waren im Mittel nicht zu fett. Tiere mit geringerer TM-Aufnahme vor der Kalbung jedoch etwas stärker konditioniert, jene mit höherem Verzehr eher knapp. Grundsätzlich bleibt im Fütterungsmanagement zu beachten, dass eine überhöhte Körperkondition (Body-Condition-Scoring >= 4, Rückenfettdicke > 25 mm) zu einer reduzierten Futteraufnahme und zu Stoffwechselproblemen im geburtsnahen Zeitraum führt. Um dies als Bestandsproblem und für Einzeltiere auszuschließen, sollte die Körperkondition unbedingt bei allen Kühen in der Spätlaktation (180. Laktationstag) überprüft werden. In dieser Phase kann die Verfettung durch eine angepasste Rationsgestaltung und eine reduzierte Energieversorgung über Kraftfutter korrigiert werden.
Probleme in der Klauengesundheit wirkten sich im Versuchsbetrieb eindeutig negativ auf die Futteraufnahme aus. Lahme Kühe mit niedriger Futteraufnahme verbringen weniger Zeit am Futtertisch und weisen deshalb eine schlechte Körperkondition auf. Vor allem bei Laufstall- und Weidehaltung kommt der Verbesserung der Klauengesundheit durch Maßnahmen in Haltung und Management größte Bedeutung zu.
Die TM-Aufnahme von Milchkühen mit hohem Leistungspotenzial hat großen Einfluss auf die Versorgungslage, die Stoffwechselstabilität und Gesundheit der Tiere. Die Futteraufnahme sollte deshalb in der Vorbereitungsfütterung beobachtet, die Futtervorlage und der verbleibende Futterrest dokumentiert werden. Insbesondere ist die intensive einzeltierbezogene Bewertung der Pansenfüllung im geburtsnahen Zeitraum unbedingt zu empfehlen.