Bäuerinnen kultivieren die Zukunft der Landwirtschaft
Sie managen Höfe und Familien. Sie sind Unternehmerinnen. Sie sehen auch in unwegsamem Gelände Wege, wo andere nur Hürden vermuten: Die Bäuerinnen. Über 1000 „Universalgenies“, wie Landeshauptmann Peter Kaiser die Powerfrauen würdigte, strahlten am Bundesbäuerinnentag 2024 geballte Energie, Kreativität und Tatkraft aus. Unter dem Motto „Bäuerinsein – vielfältiger denn je“ entfaltete er nach 19 Jahren seine Wirkung wieder in Kärnten. Veranstaltet wurde das Großereignis von der ARGE Bäuerinnen Österreich und der ARGE Bäuerinnen Kärnten in enger Zusammenarbeit der Geschäftsführerin der ARGE Bäuerinnen, Dipl.-Ing. Michaela Glatzl, mit dem Referat LebensWirtschaft der LK Kärnten unter der Leitung von Mag. Friederike Parz. LK-Präsident Siegfried Huber sprach allen Beteiligten für die Organisation seinen Dank aus. Als „grandios, locker, leicht, lustig, luftig und immer wieder zurückkehrend zu den Themen, die uns weiterbringen“, charakterisierte Glatzl das Event. „Das Gefühl ist da: Wir halten zusammen, wir sind eine Gemeinschaft, und es geht in die Zukunft.“ Ein buntes Bild bleibt nicht nur von den Trachten der Bäuerinnen aus ganz Österreich in Erinnerung, die das Villacher Congress Center in ein Farbenmeer tauchten. Vielfältig sind auch die Schlüsselrollen, die Bäuerinnen in der Landwirtschaft spielen. Die Kraft, die von diesem Gemeinschaftswerk ausging, war bei einem fulminanten Kärnten-Abend mit Überraschungsgast Melissa Naschenweng ebenso wie am darauffolgenden von inhaltlichen Impulsen geprägten Tag in jedem Moment hautnah spürbar. „Ziel des Bundesbäuerinnentages 2024 ist es, sich zu vernetzen, neue Ideen zu entwickeln und viel Motivation mitzunehmen“, brachte es die LK-Vizepräsidentin, Landesbäuerin und stellvertretende Bundesbäuerin Astrid Brunner auf den Punkt. „Mit der Kompetenz der Bäuerinnen können wir enorm viel bewegen“, unterstrich LHStv. Martin Gruber.
Ihre Fähigkeiten, ihre fachliche Qualifikation und Ausbildung, oft auch fernab der Landwirtschaft setzen die Netzwerkerinnen, Visionärinnen und Querdenkerinnen „nicht nur für den Betrieb, sondern verstärkt auch für den ländlichen Raum ein“, weiß Bundesbäuerin Irene Neumann-Hartberger. Bei all diesen positiven Entwicklungen seien Klimawandel und Bürokratismus große Herausforderungen. Eckpfeiler der Betriebssicherung sind Weiterbildung und Diversifizierung. „Hierfür müssen die Mittel ebenso wie agrarpädagogischen Maßnahmen weiterhin zur Verfügung stehen“, hielt Neumann-Hartberger fest, die Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig ein Positionspapier überreichte. Sie verdeutlichte, wie elementar die soziale und rechtliche Absicherung der Bäuerinnen sei. „Aufgrund unplanbarer Ereignisse stehen Frauen oft vor den Trümmern ihrer Existenz“, berichtete die Bundesbäuerin. „Es braucht das Wissen über die Folgen von Teilzeitarbeit für die Pension bzw. von persönlichen Entscheidungen in gesetzlicher Hinsicht wie das Erbrecht. Sich darüber zu informieren, liegt in der Eigenverantwortung der Frauen, aber bei Männern muss ebenso Bewusstsein geschaffen werden.“ Mit Onlineformaten und Workshops werde die Interessenvertretung Mitglieder verstärkt darauf aufmerksam machen, denn: „Die Beschäftigung mit der eigenen finanziellen Situation schafft Freiheit im Handeln.“
Der Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich (LKÖ), Josef Moosbrugger, rief alle Bäuerinnen auf, die Vielfalt der Bildungs- und Beratungsangebote der LK zu nutzen. „Innovationsideen können so auf ihre Umsetzbarkeit gecheckt, oder unternehmerische Kompetenzen können ausgebaut werden. Mit ‚ZAMm unterwegs’ kann jede Bäuerin ihr eigenes Wissen und Auftreten auf ein neues Level heben“, betonte Moosbrugger. Er würde es sehr begrüßen, wenn sich noch mehr von den „Brücken-Bäuerinnen zur gesamten Gesellschaft“ agrarpolitisch engagieren und land- und forstwirtschaftliche Anliegen an zentralen Stellen verankern. Die LKÖ werde sich für bestmögliche Rahmenbedingungen für Bäuerinnen und ihre Familien einsetzen. Dies sei erforderlich, damit sie „leben können, wofür ihr Herz und ihre Seele brennen: Lebensmittel zu produzieren, damit Wertschöpfung zu Wertschöpfung führt“.
„Bäuerinsein – vielseitiger denn je: Genau so ist es“, meinte der Landwirtschaftsminister, der aus einer Bauernfamilie im Lienzer Talboden mit selbstbestimmten, gut ausgebildeten Frauen stammt. „Es ist daher eine Notwendigkeit, Frauen am Hof zu fördern.“ Gerade angesichts des Anpassungsdrucks, unter dem die kleinstrukturierte Landwirtschaft stehe, brauche es „starke Bäuerinnen für einen starken ländlichen Raum“. Diese seien auch prägend für nachfolgende Generationen, bekräftigte Kanzler Karl Nehammer, der sich später in die Ehrengäste einreihte. Bereits erste Ergebnisse des Zukunftsprozesses Vision 2028+ zeigen, so Totschnig: „Bäuerinnen bringen nicht nur Pflanzen zum Wachsen, sondern kultivieren auch die Zukunft der Landwirtschaft.“ Sie seien Innovatorinnen, die Betriebszweige wie Direktvermarktung oder Urlaub am Bauernhof vorantreiben und sich durch kommunikative Kompetenz auszeichnen. Laut der Vision 2028+ sehen Bäuerinnen den Klimaschutz als größere Chance als ihre männlichen Kollegen. Mit den Worten „Gleichberechtigung ist eine Grundvoraussetzung“ sprach sich der Minister für mehr Frauen in Führungspositionen aus.
Spannende Vorträge zweier Expertinnen und eines Experten lieferten anschaulich jede Menge Wissensinput. „Frauen, macht mehr aus eurem Geld“, lautete der Appell von Mag. Waltraud Perndorfer, Geschäftsbereichsleiterin der „Privat Bank“ der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich. „Besinnt euch immer auf eure Stärken“, riet Mag. Werner Wutscher, Gründer des Start-up-Unternehmens New Venture Scouting und Vorsitzender des Universitätsrats der Alpen-Adria-Universität den Bäuerinnen. Wie Frauen sich und ihren Anliegen mehr Wirkung verleihen können, demonstrierte die diplomierte Psychologin und ehemalige Leistungssportlerin Monika Matschnig mit Humor, variantenreicher Gestik und praktischen Übungen. Den Lachmuskeln gönnte Sabine Kronberger, Chefredakteurin von „Welt der Frauen“, kaum eine Pause, als sie Spitzenpolitikern scharfsinnig Fragen stellte, denen sich sonst nur weibliche Interviewte gegenübersehen.
Wussten Sie, dass …
… sich zu den zahlreichen Ehrengästen neben Bundeskanzler Karl Nehammer der EU-Abgeordnete Alexander Bernhuber, Minister Norbert Totschnig, Landeshauptmann Peter Kaiser, LHStv. Gaby Schaunig, LHStv. Martin Gruber sowie LKÖ-Präsident Josef Moosbrugger, LK-Präsident Siegfried Huber, Landesrätin Beate Prettner, Landesrätin Sara Schaar und der Draustädter Bürgermeister Günther Albel gesellten?
Zahlen und Fakten
Immer mehr Bäuerinnen bauen Betriebsstandbeine eigenverantwortlich auf, erschließen neue Einkommensmöglichkeiten, bespielen gekonnt die Klaviatur der sozialen Medien und üben oft auch ein Ehrenamt aus.
- 35% von Österreichs Höfen werden laut dem Grünen Bericht 2023 von weiblicher Hand geführt.
- 30.000 Direktvermarktungsbetriebe
- 7400 Urlaub-am-Bauernhof-Betriebe
- 850 agrarpädagogische Anbieterinnen sowie -Anbieter mit Schule am Bauernhof, Seminarbäuerinnen sowie mehr als
- 100 Green Care-Betriebe untermauern das ökonomische Potenzial vor allem auch von Landwirtinnen.
- Für 130.000 Mitglieder setzt sich die ARGE Bäuerinnen ein, die am 26. April 1972 gegründet wurde.