Kommentar: Schnurstracks ins Out manövriert
Allen recht getan ist eine Kunst, die niemand kann. Diese Weisheit trifft haarscharf den jüngsten Entscheid des Europäischen Gerichtshofes. Das Urteil, neue Pflanzenzuchtverfahren unter die Gentechnikverordnung zu stellen, spaltet die Lager. Umweltorganisationen, Bio Austria und die Gesundheitsministerin jubeln. Saatgut Austria und die Wissenschaft schäumen.
Dabei wird niemand dem EuGH ernsthaft unterstellen, es in seinen Entscheidungen irgendjemandem recht machen zu wollen. Die unabhängigen Richter folgten in puncto Mutagenese in letzter Konsequenz nur der Logik Europas und insbesondere Österreichs. Wo die Ablehnung neuer Technologien Tradition hat. Die Mitbewerber USA und China lachen sich darob ins Fäustchen. Zumal beide angstbefreit danach greifen.
Nun ist es selbstverständlich ein Tabu, den Verbrauchern bei Lebensmitteln etwas unterzujubeln. Mutierte Tricksereien der Konventionellen gehören gekennzeichnet aufs Etikett – eine vertretbare These der Kritiker. Heikler ist allerdings der Scherbenhaufen, den das EuGH-Urteil den kleinen und mittelständischen Pflanzenzüchtern hinterlassen hat. Komplexe, sündteure gentechnische Zulassungsverfahren schaffen nur globale Konzerne. Die Abhängigkeit der Landwirte von ihnen wird folglich weiter steigen.
Doch bleiben wir optimistisch. Denn der Feinkostladen Europa wird durch seine rigide Haltung zur neuen Gentechnik bestimmt profitieren. Falls nicht, bleibt übrig, dass der EuGH die EU-Pflanzenzüchtung international ins Out manövriert hat. Schnurstracks. Und ohne Pardon.