Expertentipp: Wiederherstellungsfristen bei Brandschäden
Versicherungspolizzen sind heutzutage derart umfangreich, dass es äußerst mühsam ist, sie wirklich in allen Details zu lesen und zu verstehen. Häufig ist daher für die Frage, bei welcher Versicherung man den Vertrag abschließt, ausschließlich die Prämie ein Kriterium. Das erweist sich allerdings im Schadensfall häufig als Fehleinschätzung. Ein Beispiel dazu:
Bei der Feuerversicherung enthalten die Versicherungspolizzen üblicherweise eine Klausel, dass der über den Zeitwert hinausgehende Neuwert nur dann ausbezahlt wird, wenn die Wiederherstellung des abgebrannten Gebäudes innerhalb einer gewissen Frist geschieht. Sichergestellt ist die Wiederherstellung nur dann, wenn bereits ein konkreter Auftrag dazu erteilt wurde. Es muss also schon einen Vertrag mit dem Bauunternehmen geben.
Diese Wiederherstellungsfrist ist von Versicherung zu Versicherung unterschiedlich. Manche Versicherungen vereinbaren eine Frist von drei Jahren, manche eine Frist von einem Jahr. Eine kurze Wiederherstellungsfrist kann katastrophale Folgen haben. Wenn ein Wirtschaftsgebäude oder ein Wohngebäude abbrennt, schafft man es realistischerweise kaum innerhalb von einem Jahr, die Wiederherstellung zu planen, bei der Behörde einzureichen, die dafür notwendige Baugenehmigung rechtzeitig zu bekommen und dann auch bereits das Bauunternehmen zu beauftragen. Brennt nämlich das Gebäude zur Gänze ab, sodass auch die Mauern bis auf die Bodenplatte entfernt werden müssen, ist die alte Baubewilligung erloschen. Man muss genau genommen eine neue Baubewilligung erwirken. Alleine wenn ein Anrainer einen Einwand erhebt, kommt man mit der einjährigen Wiederherstellungsfrist realistischerweise nie durch. Dabei ist es nicht einmal entscheidend, ob dieser Einwand überhaupt berechtigt ist.
Die Versicherung kann damit kalkulieren, dass sie in der Mehrzahl der Fälle also nicht den Neuwert, sondern nur den Zeitwert auszahlen muss. Der ist bei einem älteren Wirtschaftsgebäude natürlich nur ein Bruchteil des Neuwertes. Die Versicherung spart sich also enorm viel Geld und kann umgekehrt eine günstigere Prämie anbieten. Man sollte aber gewissenhaft überprüfen, ob sich die günstigere Prämie überhaupt rentiert, wenn man dann im Schadensfall unter derartigen Zeitdruck gerät und den Neuwert damit überhaupt nie erlangen kann. Dazu kommt, dass der Unterschied in der jährlichen Prämie nicht so eklatant ist, dass sich das wirklich auszahlen würde.
Jeder Landwirt sollte daher beim Abschluss einer Feuerversicherung oder bei der Verlängerung einer Polizze darauf achten, ob eigentlich die Versicherungsbedingungen auch wirklich passen. Oft sind es Kleinigkeiten, die einen erheblichen Unterschied ausmachen. Die Auswirkung einer kurzen Wiederherstellungsfrist bedenkt man beim Versicherungsvertragsabschluss oft nicht. Zweckmäßig wäre es auch, einen kompetenten Berater beizuziehen, der sich auch tatsächlich mit den einzelnen Bedingungen auseinandersetzt und diese erklärt.