„Wir müssen auf Wertschätzung bestehen“
Es hat einige Jahre gebraucht, bis ich bei Sitzungen akzeptiert wurde. Als Frau ist es schwerer, sich durchzusetzen, auch wenn man im Recht ist“, weiß Sophie-Madeleine Stabentheiner aus Stabenthein im hochgelegenen Lesachtal, weit und breit die einzige Frau, der der Hof allein gehört. „Und trotzdem rufen manche Leute meinen Lebensgefährten oder meinen Vater an, wenn sie etwas brauchen oder wissen wollen“, erzählt die junge Bergbäuerin, deren Hauptstandbeine eine Biomilchwirtschaft mit 20 Pinzgauer-Rindern und Urlaub am Bauernhof sind. Die Biowiesenmilch wird alle zwei Tage von der Kärntnermilch abgeholt.
Obwohl sie erst andere Berufswünsche hatte, hat sie es nie bereut, 2018 den Stabentheiner-Hof übernommen zu haben, obwohl sie gerade in jenem Jahr durch den katastrophalen Sturm „Varia“ und den folgenden Käfer-Kahlschlag den ganzen Wald und damit ihre „Sparkasse“ verlor. „Jammern nützt nichts“, sagt die junge Übernehmerin, die gelernt hat, sich Gehör zu verschaffen und die Freiheit schätzt, sich als Bäuerin selbst verwirklichen zu können. Sie will die Fütterung optimieren und überlegt die Anschaffung eines Futtermischautomaten, um Milchleistungen und Arbeitsalltag zu verbessern. „Man muss immer innovativ sein“, meint sie. Den Zehn-Jahres-Plan tüftelt sie mit ihrem Partner und der ebenfalls im Haus wohnenden „älteren Generation“ gemeinsam aus. Man werde vielleicht einen neuen Stall bauen, obwohl sich die derzeitige Kombinationshaltung, bei der die Kühe sehr zutraulich seien, bewährt habe. Die Investition müsse gut überlegt sein.
Für ihre Gäste produziert die Betriebsführerin verschiedene Brot- und Käsesorten sowie Marmeladen, zwei Mal im Jahr werden Rinder geschlachtet und Mischpakete ab Hof verkauft. „Wir haben meist zu wenig“, sagt sie über den Andrang. Mit der gefährdeten Nutztierrasse Pinzgauer, deren Klauen ideal für die Almbeweidung sind, macht sie gute Erfahrungen. Die künstlichen Besamungen, die sie und ihr Partner vornehmen, gelingen immer. Zu ihren Kälbchen hat sie eine besondere Beziehung und lässt auch die Gästekinder, die gerne mit in den Stall kommen, daran teilhaben. Bürokratische Angelegenheiten und die Buchhaltung für den „Grünen Bericht“ erledigt sie gemeinsam mit ihrem Vater. Trotz der erfolgreichen Führung ihres Betriebes und der Organisation der Behirtung auf der Gemeinschaftsalm musste sie die Wertschätzung, die ihr zusteht, in der Männerwelt einfordern. Der ZAMm-Lehrgang „Professionelle Vertretungsarbeit im ländlichen Raum“ hat ihr dabei geholfen.
„Ich habe im Kurs gelernt, aufzustehen und zu sagen: Ihr müsst auch mit mir reden, wenn es zum Beispiel um die Abstimmung über einen neuen Weg geht“, schildert sie die praktischen Auswirkungen des Lehrganges, den sie „sofort wieder machen“ würde. „Es ist eine gute Sache, dass es ihn gibt“, ist sie überzeugt. Sie habe viel Selbstvertrauen gewonnen und sehr viel über sich selbst gelernt. Ihre Sprachgewandtheit habe sich verbessert, sie fühle sich beim Reden vor anderen Menschen und bei Nachbarschaftssitzungen jetzt viel wohler: „Am Anfang war es für mich schwer, über den eigenen Schatten zu springen, aber jetzt habe ich gelernt, dass man einander vertrauen muss.“ Der Kurs habe dazu geführt, dass sie sich bei ihrem Engagement in der Theatergruppe, im Tourismus- und im Trachtenverein, in Kirchenchor und Pfarrgemeinderat sicherer fühle, erzählt die Absolventin der HBLA Pitzelstätten, die am Hof gemeinsam mit Partner und Eltern lebt und im Sommer 16-Stunden-Arbeitstage bewältigt: „Das hat mich noch nie gestört.“ Den ZAMm-Lehrgang, der auch sehr lustig und unterhaltsam sei, empfiehlt sie wärmstens weiter. Die entstandenen Kontakte pflegt sie noch heute. Gerade für Frauen in der Landwirtschaft sei Bewusstseinsbildung wichtig. „Wir müssen aufzeigen, wie wertvoll das ist, was wir machen, und auf Wertschätzung bestehen“.
EU-Bund-Länder-kofinanziert: „Mit Unterstützung von Bund, Ländern und Europäischer Union.“