10.11.2016 |
von Christoph Gruber
„Mausi“ darf bleiben
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Wenn Martin Ertl seine 40 Milchkühe zweimal täglich vom Stall auf die Weide treibt, schenkt der Biobauer aus Oberdorf bei Spittal/Drau „Mausi“ besonderes Augenmerk. Die Schwarzbunte Holstein-Friesian trabt für gewöhnlich am Ende der Herde. An der Bahnunterführung knackt es schon mal in ihrem Hüftgelenk. Sonst aber bewältigt das Tier den 15-minütigen Marsch problemlos.
„Mausi“, die eigentlich „Wiese“ heißt, ob ihres kleineren Rahmens aber nur diesen Kosenamen kennt und darauf sogar reagiert, ist 17 Jahre alt und damit in einem für Milchkühe biblischen Alter. Biobauern wie Martin Ertl setzen auf die Lebensleistung ihrer Tiere, weshalb „Mausi“ nach wie vor Biowiesenmilch an die Kärntnermilch liefern darf.
„,Mausi‘ ist integrierter Bestandteil unseres Betriebs“, erzählt Ertl stolz, „zuletzt hat sie wieder abgekalbt.“ Um den Ansatz der Lebensleistung verwirklichen zu können, verzichtet Martin Ertl auf die Fütterung von Kraftfutterkonzentrat wie Getreide oder Soja. „Wir füttern das, was einem Wiederkäuermagen am artgerechtesten entspricht und was wir Menschen nicht essen können: Gras.“
Hinzu kommen Maissilage und im Winter Luzerne. Unterm Strich bringt diese Low-Input-Methode laut dem Biobauer „weniger Milch, gesündere Kühe“. Der geringere Stalldurchschnitt von 6000 bis 6500 kg Milch werde durch die wesentlich höhere Lebensdauer der Tiere ausgeglichen.
Auf den Biolandbau gekommen ist Martin Ertl übrigens in den 1970er-Jahren als junger Hofnachfolger nach Aufenthaltspraktika in norddeutschen und US-amerikanischen Intensivbetrieben. Ein Vortrag über die naturgemäße Rinderhaltung weckte in ihm den Ruf nach einer Umstellung des elterlichen Betriebes. Der Vater rümpfte die Nase. Doch die Mutter hatte das entscheidende Wort: „Wenn da Junge tuat, muass ma ihm vertrauen.“
„Mausi“, die eigentlich „Wiese“ heißt, ob ihres kleineren Rahmens aber nur diesen Kosenamen kennt und darauf sogar reagiert, ist 17 Jahre alt und damit in einem für Milchkühe biblischen Alter. Biobauern wie Martin Ertl setzen auf die Lebensleistung ihrer Tiere, weshalb „Mausi“ nach wie vor Biowiesenmilch an die Kärntnermilch liefern darf.
„,Mausi‘ ist integrierter Bestandteil unseres Betriebs“, erzählt Ertl stolz, „zuletzt hat sie wieder abgekalbt.“ Um den Ansatz der Lebensleistung verwirklichen zu können, verzichtet Martin Ertl auf die Fütterung von Kraftfutterkonzentrat wie Getreide oder Soja. „Wir füttern das, was einem Wiederkäuermagen am artgerechtesten entspricht und was wir Menschen nicht essen können: Gras.“
Hinzu kommen Maissilage und im Winter Luzerne. Unterm Strich bringt diese Low-Input-Methode laut dem Biobauer „weniger Milch, gesündere Kühe“. Der geringere Stalldurchschnitt von 6000 bis 6500 kg Milch werde durch die wesentlich höhere Lebensdauer der Tiere ausgeglichen.
Auf den Biolandbau gekommen ist Martin Ertl übrigens in den 1970er-Jahren als junger Hofnachfolger nach Aufenthaltspraktika in norddeutschen und US-amerikanischen Intensivbetrieben. Ein Vortrag über die naturgemäße Rinderhaltung weckte in ihm den Ruf nach einer Umstellung des elterlichen Betriebes. Der Vater rümpfte die Nase. Doch die Mutter hatte das entscheidende Wort: „Wenn da Junge tuat, muass ma ihm vertrauen.“
Schweine und Milchschafe
Ortswechsel nach Waisenberg bei Völkermarkt zum vulgo Hafner. „Tschu, tschu, tschu, Nocki, Nocki, kummt’s her“, schmettert Josef Nuart. Doch das Glück ist ihm wenig hold. Die 25 schwäbischen Weideschweine nehmen vom Lockruf kaum Notiz und frönen weiter ihrem Gruppenfaulenzen unter freiem Himmel.
„Sie sind bequeme Tiere“, schmunzelt der Biobauer, der den Rüsslern am Feld einen Wagen als Stall konstruiert hat. Fürs Wühlen steht als Auslauf 1 ha Fläche zur Verfügung. Die Suhle befüllt Nuart per Knopfdruck mit Frischwasser. Das Schlammbad dient den Tieren der Reinlichkeit und der Regulation der Körpertemperatur. Zum Fressen bekommen sie Molke aus der hofeigenen Käserei unterirdisch zugeliefert und etwas Getreide.
Nuarts Schweinen bleibt viel Zeit zum Wachsen. Die Gastronomie schätzt sie daher als besondere Frischfleischspezialität. „Immer wieder kommen Küchenchefs und machen sich bis hin zur Schlachtung selbst ein Bild“, erzählt Nuart, der Tierwohl für einen „ständigen Weiterentwicklungsprozess am Betrieb“ hält.
Österreichweit bekannt ist der Hafnerhof für seine vielfach prämierten Käse- und Joghurtspezialitäten aus Schafmilch. Dazu kooperiert der 7 ha kleine Betrieb mit August Widrich am Haberberg bei Griffen. Während Widrich die 150 Biomilchschafe hält und melkt, kümmert sich Josef Nuart gemeinsam mit seiner Gattin Margit um die Bearbeitung und Vermarktung der gewonnenen Milch.
Die Lämmer der Milchschafe sind bei den Nuarts in einem großzügigen Stall untergebracht. Den Auslauf nutzen sie besonders bei schönem Wetter sehr gerne. Die Fütterung setzt sich aus Kuhmilch und Heu zusammen. Dieses Kooperationsmodell mit einem Partnerbetrieb hat Josef und Margit Nuart vor 25 Jahren vom Neben- in den Vollerwerb zurückgebracht.
Alle Vereinbarungen mit Widrich werden den Nuarts zufolge nur mit Handschlag besiegelt. Ihr Credo: „Wenn es uns damit gut gehen soll, muss es auch unserem Partner gut gehen!“ Die Betriebe Ertl und Nuart leben nach Einschätzung von Dipl.-Ing. Johanna Grojer, Mitarbeiterin im Biozentrum Kärnten, die Richtlinien und Grundsätze der biologischen Landwirtschaft.
„Sie sind bequeme Tiere“, schmunzelt der Biobauer, der den Rüsslern am Feld einen Wagen als Stall konstruiert hat. Fürs Wühlen steht als Auslauf 1 ha Fläche zur Verfügung. Die Suhle befüllt Nuart per Knopfdruck mit Frischwasser. Das Schlammbad dient den Tieren der Reinlichkeit und der Regulation der Körpertemperatur. Zum Fressen bekommen sie Molke aus der hofeigenen Käserei unterirdisch zugeliefert und etwas Getreide.
Nuarts Schweinen bleibt viel Zeit zum Wachsen. Die Gastronomie schätzt sie daher als besondere Frischfleischspezialität. „Immer wieder kommen Küchenchefs und machen sich bis hin zur Schlachtung selbst ein Bild“, erzählt Nuart, der Tierwohl für einen „ständigen Weiterentwicklungsprozess am Betrieb“ hält.
Österreichweit bekannt ist der Hafnerhof für seine vielfach prämierten Käse- und Joghurtspezialitäten aus Schafmilch. Dazu kooperiert der 7 ha kleine Betrieb mit August Widrich am Haberberg bei Griffen. Während Widrich die 150 Biomilchschafe hält und melkt, kümmert sich Josef Nuart gemeinsam mit seiner Gattin Margit um die Bearbeitung und Vermarktung der gewonnenen Milch.
Die Lämmer der Milchschafe sind bei den Nuarts in einem großzügigen Stall untergebracht. Den Auslauf nutzen sie besonders bei schönem Wetter sehr gerne. Die Fütterung setzt sich aus Kuhmilch und Heu zusammen. Dieses Kooperationsmodell mit einem Partnerbetrieb hat Josef und Margit Nuart vor 25 Jahren vom Neben- in den Vollerwerb zurückgebracht.
Alle Vereinbarungen mit Widrich werden den Nuarts zufolge nur mit Handschlag besiegelt. Ihr Credo: „Wenn es uns damit gut gehen soll, muss es auch unserem Partner gut gehen!“ Die Betriebe Ertl und Nuart leben nach Einschätzung von Dipl.-Ing. Johanna Grojer, Mitarbeiterin im Biozentrum Kärnten, die Richtlinien und Grundsätze der biologischen Landwirtschaft.
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Landwirtschaft realistisch sehen
Grojer ist Mitautorin der Leitfadenreihe „Tierwohl“. Gemeinsam mit externen Fachleuten aus Wissenschaft, Beratung und Praxis stellt sie darin Parameter anschaulich vor, um den Betrieben auf einfache Weise die Selbstevaluierung des Tierwohls auf ihren Betrieben zu ermöglichen.
„Grundsätzlich ist jeder Landwirt, ob konventionell oder Bio, bestrebt, auf das Tierwohl zu schauen“, hält Johanna Grojer fest. Leider suggeriere die Werbung den Konsumenten ausschließlich eine „heile Welt“ von Tierhaltung, die so oft nicht mehr bestehe. Das bringe die Bauern erheblich unter Druck. Insofern sei es wichtig, dass Biobauern mit „Tierwohl“ aktiv in die Offensive gehen und den Konsumenten und der Gesellschaft zeigen, dass sie sich um dieses Thema kümmern – und dass letztlich der höhere Endverbraucherpreis gerechtfertigt sei.
„Grundsätzlich ist jeder Landwirt, ob konventionell oder Bio, bestrebt, auf das Tierwohl zu schauen“, hält Johanna Grojer fest. Leider suggeriere die Werbung den Konsumenten ausschließlich eine „heile Welt“ von Tierhaltung, die so oft nicht mehr bestehe. Das bringe die Bauern erheblich unter Druck. Insofern sei es wichtig, dass Biobauern mit „Tierwohl“ aktiv in die Offensive gehen und den Konsumenten und der Gesellschaft zeigen, dass sie sich um dieses Thema kümmern – und dass letztlich der höhere Endverbraucherpreis gerechtfertigt sei.
Tiere nicht vermenschlichen
Dr. Evelin Pekarek, Präsidentin des Kärntner Tierschutzvereins und des Tierschutz-Kompetenz-Zentrums (TIKO) in Klagenfurt sieht Tiere genauso wie den Menschen als Geschöpf Gottes. Man müsse ihnen ein artgerechtes Leben zugestehen, ohne sie zu vermenschlichen.
Gesellschaftspolitisch gesehen bedeute der Schutz des Tieres auch den Schutz des Menschen. „Wir sollten den Willen der Tiere achten, ihre Individualität respektieren, ohne die eigenen Bedürfnisse aus den Augen zu verlieren. Das oberste Gebot muss sein, Angst und Schmerzen zu vermeiden“, streicht Pekarek hervor.
Für unsere beiden Biobetriebe ist das oftmals gesellschaftlich ausgeklammerte Töten von Nutztieren bäuerliches Selbstverständnis. Josef Nuarts Schweine übernachten stressmindernd vor der Schlachtung an der Schlachtstätte in Diex. Die Lämmer schlachtet der Biobauer direkt am Hof, die Tiere gelangen auf kürzester Wegstrecke zur Betäubung.
Auch „Mausi“ wird eines Tages ihren letzten Weg antreten müssen. „Die Entscheidung, welches meiner Tiere in den Schlachthof gehen muss, fällt mir immer extrem schwer“, gesteht Martin Ertl. „Aber wenn ‚Mausi‘ geht, dann geht sie, damit bin ich aufgewachsen, das gehört dazu.“
Gesellschaftspolitisch gesehen bedeute der Schutz des Tieres auch den Schutz des Menschen. „Wir sollten den Willen der Tiere achten, ihre Individualität respektieren, ohne die eigenen Bedürfnisse aus den Augen zu verlieren. Das oberste Gebot muss sein, Angst und Schmerzen zu vermeiden“, streicht Pekarek hervor.
Für unsere beiden Biobetriebe ist das oftmals gesellschaftlich ausgeklammerte Töten von Nutztieren bäuerliches Selbstverständnis. Josef Nuarts Schweine übernachten stressmindernd vor der Schlachtung an der Schlachtstätte in Diex. Die Lämmer schlachtet der Biobauer direkt am Hof, die Tiere gelangen auf kürzester Wegstrecke zur Betäubung.
Auch „Mausi“ wird eines Tages ihren letzten Weg antreten müssen. „Die Entscheidung, welches meiner Tiere in den Schlachthof gehen muss, fällt mir immer extrem schwer“, gesteht Martin Ertl. „Aber wenn ‚Mausi‘ geht, dann geht sie, damit bin ich aufgewachsen, das gehört dazu.“
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Neues Jahrbuch der Diözese Gurk
Der hier abgedruckte Beitrag „Mausi darf bleiben“ von „Kärntner Bauer“-Chefredakteur Christoph Gruber ist einer von 13 Gastbeiträgen im neuen Jahrbuch 2017 der Diözese Gurk, das Bischof Dr. Alois Schwarz vergangene Woche im Tierschutzkompetenzzentrum (TIKO) in Klagenfurt öffentlich vorgestellt hat.
Die mittlerweile 40. Auflage des Jahrbuchs steht diesmal unter dem Titel „Mensch und Tier. Impulse für ein schöpfungsgemäßes Miteinander“. Die Gastbeiträge beschreiben das Mensch-Tier-Verhältnis aus unterschiedlichen Perspektiven – von Verhaltensforschung, Philosophie und Ethik über tiergestützte Therapie bis hin zur Landwirtschaft und Jagd.
Das 324 Seiten starke Jahrbuch der Diözese Gurk ist zum Preis von 12 Euro in den Kärntner Pfarren, im Buchhandel und auf www.kath-kirche-kaernten.at/jahrbuch erhältlich.
Die mittlerweile 40. Auflage des Jahrbuchs steht diesmal unter dem Titel „Mensch und Tier. Impulse für ein schöpfungsgemäßes Miteinander“. Die Gastbeiträge beschreiben das Mensch-Tier-Verhältnis aus unterschiedlichen Perspektiven – von Verhaltensforschung, Philosophie und Ethik über tiergestützte Therapie bis hin zur Landwirtschaft und Jagd.
Das 324 Seiten starke Jahrbuch der Diözese Gurk ist zum Preis von 12 Euro in den Kärntner Pfarren, im Buchhandel und auf www.kath-kirche-kaernten.at/jahrbuch erhältlich.