29.09.2020 |
von Dr. Josef Siffert
Köstinger: Harte Verhandlungen stehen erst bevor
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Das alles beherrschende Thema ist auch für die Land- und Forstwirtschaft die Corona-Pandemie und die Folgen dieser weltweiten Krise. Die Bundesregierung hat mit einer Reihe von Hilfspaketen gegengesteuert. Kann man speziell für den Bereich Land- und Forstwirtschaft eine Zwischenbilanz ziehen? Hat das Maßnahmenpaket gegriffen?
BM Köstinger: Wir dürfen keinesfalls vergessen, dass wir immer noch inmitten der größten Gesundheitskrise stehen, die wir je erlebt haben. Diese Krise ist noch lange nicht zu Ende und daher mein Appell: Nur, wenn wir uns weiter und noch strenger an die Regeln halten, dann können wir den Herbst und den Winter gut überstehen. Die Folgen in der Landwirtschaft waren und sind vor allem im Zusammenspiel Landwirtschaft, Tourismus und Gastronomie spürbar. Der Absatz von Lebensmitteln in diesem Bereich war stark vom Lockdown betroffen. Das hat etwa die Preise für Rindfleisch stark unter Druck gesetzt. Aber auch die Betriebe, die ihre Produkte an Hotels und Gasthäuser liefern, haben die Auswirkungen der Krise deutlich zu spüren bekommen. Es war wichtig, dass wir schnell reagiert haben und die allgemeinen Unterstützungen für die Bevölkerung und die Wirtschaft auch für die Landwirtschaft zugänglich gemacht haben. Das betrifft zum Beispiel den Härtefall- und den Hilfsfonds. Weitere Maßnahmen werden teilweise erst in den nächsten Monaten, aber mit Sicherheit mit dem Jahreswechsel spürbar. Zum Beispiel wurde der 360-Euro-Kinderbonus Anfang September überwiesen und die Entlastungen im steuerlichen und Sozialversicherungsbereich werden sich schrittweise bis Ende des Jahres spürbar bei den Betrieben niederschlagen.
Auch wenn der Klimawandel medial ein wenig in den Hintergrund gerückt ist, ist er, trotz im Vergleich zum Vorjahr deutlich stärkerer Niederschläge, nach wie vor virulent. Besonders betroffen davon ist der Forst, doch auch die Landwirtschaft spürt die negativen Folgen. Wie wird gegengesteuert, welche Maßnahmen wurden gesetzt?
BM Köstinger: Wir haben erst vergangene Woche das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz auf den Weg gebracht. Dieses Gesetz wird vor allem den Biomasse- und Biogasanlagen eine Zukunft geben. Ich bin davon überzeugt, dass die Land- und Forstwirtschaft Teil der Lösung und nicht das Problem ist. In der Biomasse liegt so viel Potenzial, das wir noch nützen können. In den nächsten Jahren möchte ich auch einen Schwerpunkt auf die Forschung für Holzdiesel und Holzgas setzen. Wir investieren jetzt 30 Mio. Euro in eine reale Forschungsanlage und damit erhoffen wir uns den Durchbruch. Wenn wir die Antriebstechnologie unserer Traktoren und Maschinen umstellen wollen, dann ist das ein wichtiger Schritt. Wir könnten damit langfristig unseren eigenen Bedarf im Agrarsektor decken. Gleiches gilt für die Photovoltaik. Wir haben erreicht, dass auch die Bauernhöfe Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften bilden können. Damit können unsere Bauernhöfe zu kleinen Kraftwerken werden. Jeder Hof hat große Dachflächen auf Ställen, Hallen oder anderen Hofgebäuden. Die sollten wir nutzen, um unseren eigenen Strom zu machen, und das wollen wir fördern. In der Landwirtschaft sind insbesondere im Pflanzenbau die Auswirkungen des Klimawandels deutlich zu spüren. Hier arbeiten wir intensiv an der Züchtung von klimafitten Sorten und nehmen dafür bewusst Geld in die Hand, um noch rascher zu hitze- und trockenstresstolerantem Saatgut zu kommen.
Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik steht vor dem Abschluss: Die ursprünglichen radikalen Kürzungsvorschläge der Kommission sind zwar vom Tisch, aber was ist jetzt zu erwarten?
BM Köstinger: Das war ein riesengroßer Verhandlungserfolg unseres Bundeskanzlers Sebastian Kurz. Aber wir dürfen uns jetzt nicht darauf ausruhen. Harte Verhandlungen stehen uns bevor und die Regeln werden von Brüssel tendenziell nicht einfacher, sondern komplizierter. Jetzt gilt es auf EU-Ebene für unser Agrarsystem zu kämpfen, damit die Mittel auch dort ankommen, wo sie in unserer Land- und Forstwirtschaft gebraucht werden.
Der Green Deal samt Farm2Fork-Strategie bzw. die Biodiversitäts-Strategie wollen deutlich in die Produktionsbedingungen eingreifen. Düngemittel und Pflanzenschutzmittel sollen radikal beschränkt werden. Demgegenüber steht die Versorgungssicherheit für fast 500 Mio. Konsumentinnen und Konsumenten. Lässt sich dieser Widerspruch auflösen?
BM Köstinger: Teilweise ist die Vorgehensweise der EU-Kommission hier stark zu hinterfragen und für uns nicht nachvollziehbar. Ich habe mich sofort zu Wort gemeldet und als eine der ersten Agrarministerinnen meine Bedenken geäußert. Das bedeutet aber nicht, dass ich die einzelnen Strategien im Gesamten ablehne. Wir brauchen einmal eine ordentliche Folgenabschätzung dieser Strategien. Es kann nicht sein, dass wir unsere Produktion durch EU-Regeln noch aufwändiger machen und auf der anderen Seite Lebensmittel, vielleicht sogar aus Übersee, importieren. Das geht sich für mich nicht aus.
Das Bio-Audit der EU hat dazu geführt, dass Österreich kurzfristig im Bereich der Bio-Landwirtschaft eine Reihe von Regeln nachschärfen und verändern musste. Die neue EU-Bio-Verordnung, deren Inkrafttreten nun um ein Jahr verschoben werden wird, bringt nochmals Änderungen für die Biolandwirtschaft mit sich. Wird Österreich seinen erfolgreichen Bio-Weg fortsetzen können?
BM Köstinger: Ja, wir werden diesen erfolgreichen Weg weiterführen, ich stehe hier zu 100% hinter unseren Bio-Bäuerinnen und -Bauern. Es wird Änderungen bei den bestehenden Regelungen geben, aber wir brauchen auch in Zukunft einen Rahmen, um unseren Betrieben die Produktion möglich zu machen. Hier müssen wir gemeinsam mit der EU-Kommission einen praktikablen Weg finden und den Betrieben die Zeit geben, die sie brauchen, um sich an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen. Für mich ist auch klar: Wenn die EU ihr Ziel wirklich ernst nimmt und langfristig in jedem Mitgliedstaat 25% Biolandwirtschaft haben möchte, dann muss sie diese Entwicklung auch bewusst in ihren Verordnungen und Regelungen berücksichtigen. Wir in Österreich haben diese 25% Bio-Landwirtschaft übrigens schon erreicht, wir sind das Bio-Land Nummer 1 in Europa, wir wissen, wie das geht.
Das Herbizid Glyphosat steht weiter in der Debatte. Nachdem ein politischer Vorstoß für ein Totalverbot von der Europäischen Kommission abgelehnt worden ist, wird es weitere Schritte Österreichs geben. Was kann hier die Lösung sein?
BM Köstinger: Unsere Rechtsmeinung wurde von der EU-Kommission klar bestätigt. Ein Total-Verbot von Glyphosat ist EU-rechtlich nicht möglich und damit hat die Kommission alles zu diesem Thema gesagt.
BM Köstinger: Wir dürfen keinesfalls vergessen, dass wir immer noch inmitten der größten Gesundheitskrise stehen, die wir je erlebt haben. Diese Krise ist noch lange nicht zu Ende und daher mein Appell: Nur, wenn wir uns weiter und noch strenger an die Regeln halten, dann können wir den Herbst und den Winter gut überstehen. Die Folgen in der Landwirtschaft waren und sind vor allem im Zusammenspiel Landwirtschaft, Tourismus und Gastronomie spürbar. Der Absatz von Lebensmitteln in diesem Bereich war stark vom Lockdown betroffen. Das hat etwa die Preise für Rindfleisch stark unter Druck gesetzt. Aber auch die Betriebe, die ihre Produkte an Hotels und Gasthäuser liefern, haben die Auswirkungen der Krise deutlich zu spüren bekommen. Es war wichtig, dass wir schnell reagiert haben und die allgemeinen Unterstützungen für die Bevölkerung und die Wirtschaft auch für die Landwirtschaft zugänglich gemacht haben. Das betrifft zum Beispiel den Härtefall- und den Hilfsfonds. Weitere Maßnahmen werden teilweise erst in den nächsten Monaten, aber mit Sicherheit mit dem Jahreswechsel spürbar. Zum Beispiel wurde der 360-Euro-Kinderbonus Anfang September überwiesen und die Entlastungen im steuerlichen und Sozialversicherungsbereich werden sich schrittweise bis Ende des Jahres spürbar bei den Betrieben niederschlagen.
Auch wenn der Klimawandel medial ein wenig in den Hintergrund gerückt ist, ist er, trotz im Vergleich zum Vorjahr deutlich stärkerer Niederschläge, nach wie vor virulent. Besonders betroffen davon ist der Forst, doch auch die Landwirtschaft spürt die negativen Folgen. Wie wird gegengesteuert, welche Maßnahmen wurden gesetzt?
BM Köstinger: Wir haben erst vergangene Woche das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz auf den Weg gebracht. Dieses Gesetz wird vor allem den Biomasse- und Biogasanlagen eine Zukunft geben. Ich bin davon überzeugt, dass die Land- und Forstwirtschaft Teil der Lösung und nicht das Problem ist. In der Biomasse liegt so viel Potenzial, das wir noch nützen können. In den nächsten Jahren möchte ich auch einen Schwerpunkt auf die Forschung für Holzdiesel und Holzgas setzen. Wir investieren jetzt 30 Mio. Euro in eine reale Forschungsanlage und damit erhoffen wir uns den Durchbruch. Wenn wir die Antriebstechnologie unserer Traktoren und Maschinen umstellen wollen, dann ist das ein wichtiger Schritt. Wir könnten damit langfristig unseren eigenen Bedarf im Agrarsektor decken. Gleiches gilt für die Photovoltaik. Wir haben erreicht, dass auch die Bauernhöfe Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften bilden können. Damit können unsere Bauernhöfe zu kleinen Kraftwerken werden. Jeder Hof hat große Dachflächen auf Ställen, Hallen oder anderen Hofgebäuden. Die sollten wir nutzen, um unseren eigenen Strom zu machen, und das wollen wir fördern. In der Landwirtschaft sind insbesondere im Pflanzenbau die Auswirkungen des Klimawandels deutlich zu spüren. Hier arbeiten wir intensiv an der Züchtung von klimafitten Sorten und nehmen dafür bewusst Geld in die Hand, um noch rascher zu hitze- und trockenstresstolerantem Saatgut zu kommen.
Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik steht vor dem Abschluss: Die ursprünglichen radikalen Kürzungsvorschläge der Kommission sind zwar vom Tisch, aber was ist jetzt zu erwarten?
BM Köstinger: Das war ein riesengroßer Verhandlungserfolg unseres Bundeskanzlers Sebastian Kurz. Aber wir dürfen uns jetzt nicht darauf ausruhen. Harte Verhandlungen stehen uns bevor und die Regeln werden von Brüssel tendenziell nicht einfacher, sondern komplizierter. Jetzt gilt es auf EU-Ebene für unser Agrarsystem zu kämpfen, damit die Mittel auch dort ankommen, wo sie in unserer Land- und Forstwirtschaft gebraucht werden.
Der Green Deal samt Farm2Fork-Strategie bzw. die Biodiversitäts-Strategie wollen deutlich in die Produktionsbedingungen eingreifen. Düngemittel und Pflanzenschutzmittel sollen radikal beschränkt werden. Demgegenüber steht die Versorgungssicherheit für fast 500 Mio. Konsumentinnen und Konsumenten. Lässt sich dieser Widerspruch auflösen?
BM Köstinger: Teilweise ist die Vorgehensweise der EU-Kommission hier stark zu hinterfragen und für uns nicht nachvollziehbar. Ich habe mich sofort zu Wort gemeldet und als eine der ersten Agrarministerinnen meine Bedenken geäußert. Das bedeutet aber nicht, dass ich die einzelnen Strategien im Gesamten ablehne. Wir brauchen einmal eine ordentliche Folgenabschätzung dieser Strategien. Es kann nicht sein, dass wir unsere Produktion durch EU-Regeln noch aufwändiger machen und auf der anderen Seite Lebensmittel, vielleicht sogar aus Übersee, importieren. Das geht sich für mich nicht aus.
Das Bio-Audit der EU hat dazu geführt, dass Österreich kurzfristig im Bereich der Bio-Landwirtschaft eine Reihe von Regeln nachschärfen und verändern musste. Die neue EU-Bio-Verordnung, deren Inkrafttreten nun um ein Jahr verschoben werden wird, bringt nochmals Änderungen für die Biolandwirtschaft mit sich. Wird Österreich seinen erfolgreichen Bio-Weg fortsetzen können?
BM Köstinger: Ja, wir werden diesen erfolgreichen Weg weiterführen, ich stehe hier zu 100% hinter unseren Bio-Bäuerinnen und -Bauern. Es wird Änderungen bei den bestehenden Regelungen geben, aber wir brauchen auch in Zukunft einen Rahmen, um unseren Betrieben die Produktion möglich zu machen. Hier müssen wir gemeinsam mit der EU-Kommission einen praktikablen Weg finden und den Betrieben die Zeit geben, die sie brauchen, um sich an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen. Für mich ist auch klar: Wenn die EU ihr Ziel wirklich ernst nimmt und langfristig in jedem Mitgliedstaat 25% Biolandwirtschaft haben möchte, dann muss sie diese Entwicklung auch bewusst in ihren Verordnungen und Regelungen berücksichtigen. Wir in Österreich haben diese 25% Bio-Landwirtschaft übrigens schon erreicht, wir sind das Bio-Land Nummer 1 in Europa, wir wissen, wie das geht.
Das Herbizid Glyphosat steht weiter in der Debatte. Nachdem ein politischer Vorstoß für ein Totalverbot von der Europäischen Kommission abgelehnt worden ist, wird es weitere Schritte Österreichs geben. Was kann hier die Lösung sein?
BM Köstinger: Unsere Rechtsmeinung wurde von der EU-Kommission klar bestätigt. Ein Total-Verbot von Glyphosat ist EU-rechtlich nicht möglich und damit hat die Kommission alles zu diesem Thema gesagt.