18.05.2017 |
von Dipl.-Ing. Johanna Grojer
Facettenreiche Almwirtschaft
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Wie unterschiedlich und doch einander nahe die Sichtweisen von Landwirtschaft und Naturschutz sind, konnte durch Vorträge von Dr. Susanne Aigner vom Umweltbüro Klagenfurt, Dr. Roman Türk, Präsident des Naturschutzbundes Österreich, und Dr. Karl Buchgraber von der HBLFA Raumberg-Gumpenstein dargebracht werden.
Dr. Aigner stellte die Ergebnisse der „Almnutzungserhebung“ vor. Laut dieser Kartierung sind in Kärnten rund 42 % der Kernzone als Weidegebiete ausgewiesen. In diesen liegen viele Flächen, die aktuell nicht oder nur sehr eingeschränkt beweidet werden. Insgesamt werden in Kärnten aktuell rund 13 % der Kernzone beweidet.
Dr. Roman Türk zeigte faszinierende Bilder aus dem Mikrokosmos der Flechten und der Flora der Almen aus dem Blickwinkel des Naturschützers, die sich dem Betrachter in dieser Form nur selten erschließen (siehe Foto). Er erklärte, in welchen Ökosystemen aus Naturschutzsicht der Beweidungsdruck reduziert bzw. auf „Null“ minimiert werden sollte. Darunter vor allem Flächen mit empfindlichen Ökosystemen, die hoher natürlicher Stressbelastung (Einstrahlung, Temperatur, übermäßige mechanische Belastung durch Schnee, Wind, Schutt) ausgesetzt sind und in denen zusätzlicher Weidedruck die Resistenzgrenzen der betroffenen Organismen übersteigen würde (Windheiden, Quellfluren und Quellbäche etc.). Daraus würde eine Ausweisung von beweidungsfreien Flächen auf Parzellenbasis folgen. Diese müssten laut Dr. Türk entsprechend entschädigt werden. Dies sei wichtig, damit es gesicherte Flächen gibt, auf denen die Pflanzen ihre Früchte ausbilden können, um erworbene Eigenschaften im Hinblick auf die Anpassung an verändernde Umweltfaktoren (Klimawandel, chemische Belastungen etc.) genetisch zu fixieren und an kommende Generationen weiterzugeben (= Evolution).
Dr. Buchgraber legte dar, dass eine regelmäßige, vor allem standortangepasste Beweidung für die Pflanzenartenvielfalt in der montanen, subalpinen und unteralpinen Stufe günstig sei. Wenn notwendig, so sollte man ökologisch wertvolle Flächen auch gezielt schützen. Buchgraber stellte klar: „Der Almbauer mit seinem Vieh bewirtschaftet diesen Lebensraum – pflegt diese Weiden und erhält damit diese Kulturlandschaft in ihrer Artenvielfalt. Die Almen mit Bauern und Vieh sind Kulturgut, es muss uns gemeinsam gelingen, diese in hoher Qualität zu erhalten.“
Dr. Aigner stellte die Ergebnisse der „Almnutzungserhebung“ vor. Laut dieser Kartierung sind in Kärnten rund 42 % der Kernzone als Weidegebiete ausgewiesen. In diesen liegen viele Flächen, die aktuell nicht oder nur sehr eingeschränkt beweidet werden. Insgesamt werden in Kärnten aktuell rund 13 % der Kernzone beweidet.
Dr. Roman Türk zeigte faszinierende Bilder aus dem Mikrokosmos der Flechten und der Flora der Almen aus dem Blickwinkel des Naturschützers, die sich dem Betrachter in dieser Form nur selten erschließen (siehe Foto). Er erklärte, in welchen Ökosystemen aus Naturschutzsicht der Beweidungsdruck reduziert bzw. auf „Null“ minimiert werden sollte. Darunter vor allem Flächen mit empfindlichen Ökosystemen, die hoher natürlicher Stressbelastung (Einstrahlung, Temperatur, übermäßige mechanische Belastung durch Schnee, Wind, Schutt) ausgesetzt sind und in denen zusätzlicher Weidedruck die Resistenzgrenzen der betroffenen Organismen übersteigen würde (Windheiden, Quellfluren und Quellbäche etc.). Daraus würde eine Ausweisung von beweidungsfreien Flächen auf Parzellenbasis folgen. Diese müssten laut Dr. Türk entsprechend entschädigt werden. Dies sei wichtig, damit es gesicherte Flächen gibt, auf denen die Pflanzen ihre Früchte ausbilden können, um erworbene Eigenschaften im Hinblick auf die Anpassung an verändernde Umweltfaktoren (Klimawandel, chemische Belastungen etc.) genetisch zu fixieren und an kommende Generationen weiterzugeben (= Evolution).
Dr. Buchgraber legte dar, dass eine regelmäßige, vor allem standortangepasste Beweidung für die Pflanzenartenvielfalt in der montanen, subalpinen und unteralpinen Stufe günstig sei. Wenn notwendig, so sollte man ökologisch wertvolle Flächen auch gezielt schützen. Buchgraber stellte klar: „Der Almbauer mit seinem Vieh bewirtschaftet diesen Lebensraum – pflegt diese Weiden und erhält damit diese Kulturlandschaft in ihrer Artenvielfalt. Die Almen mit Bauern und Vieh sind Kulturgut, es muss uns gemeinsam gelingen, diese in hoher Qualität zu erhalten.“
Almmanagement und Behirtung
Am zweiten Tagungstag lag der Schwerpunkt u. a. auf Almweidemanagement und Behirtung. Als Praktiker schilderte Dipl.-Ing. Siegfried Ellmauer, Bauer und Mitarbeiter der Abt. Land- und Forstwirtschaft beim Land Oberösterreich, mit welcher Motivation sich junge, freiwillige Menschen unter seiner Anleitung für den Erhalt und die Revitalisierung von Almen einsetzten. Er erzählte auch, welch beeindruckende Erfolge in den insgesamt 20 Projekten erzielt wurden.
Dr. Ferdinand Ringdorfer von der HBLFA Raumberg-Gumpenstein präsentierte dazu einige „Best practice-Beispiele“. So etwa den eigenen Betrieb von Siegfried Ellmauer und das Projekt Schafbeweidung am Hauser-Kaibling, die nicht nur den Landschaftserhalt zum Ziel haben, sondern auch die Förderung autochthoner Nutztierrassen bzw. die Vermarktung regionaler Produkte. Letzteres dient dazu, einen Mehrwert zu schaffen.
Dipl.-Ing. Franz Bergler, Alminspektor der Steiermark, erläuterte, welchen Herausforderungen sich das Almpersonal stellt und dass, bevor man einen Halterjob annimmt, der Almbesitzer, die Alm und die Wasserversorgung genau beobachtet werden sollten.
Dipl.-Ing. Ursula Karrer von der Agrarbehörde erklärte den Generalakt, der die Vorschriften für die agrargemeinschaftliche Weidenutzung enthält, worauf Acht zu geben ist und warum sich Agrargemeinschaften die Anpassung an neue Gegebenheiten überlegen sollten. Ebenso erklärt wurde der diesbezügliche Verfahrensablauf – für nähere Information steht die Agrarbehörde gerne zur Verfügung.
Dr. Ferdinand Ringdorfer von der HBLFA Raumberg-Gumpenstein präsentierte dazu einige „Best practice-Beispiele“. So etwa den eigenen Betrieb von Siegfried Ellmauer und das Projekt Schafbeweidung am Hauser-Kaibling, die nicht nur den Landschaftserhalt zum Ziel haben, sondern auch die Förderung autochthoner Nutztierrassen bzw. die Vermarktung regionaler Produkte. Letzteres dient dazu, einen Mehrwert zu schaffen.
Dipl.-Ing. Franz Bergler, Alminspektor der Steiermark, erläuterte, welchen Herausforderungen sich das Almpersonal stellt und dass, bevor man einen Halterjob annimmt, der Almbesitzer, die Alm und die Wasserversorgung genau beobachtet werden sollten.
Dipl.-Ing. Ursula Karrer von der Agrarbehörde erklärte den Generalakt, der die Vorschriften für die agrargemeinschaftliche Weidenutzung enthält, worauf Acht zu geben ist und warum sich Agrargemeinschaften die Anpassung an neue Gegebenheiten überlegen sollten. Ebenso erklärt wurde der diesbezügliche Verfahrensablauf – für nähere Information steht die Agrarbehörde gerne zur Verfügung.
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Werte für die Zukunft
Über Jahrhunderte wurde der Natur von den Bauern die Kulturlandschaft im Berggebiet unter größten Mühen abgerungen. Trotz aller Beschwernisse aber hat die Landwirtschaft seit Jahrtausenden nicht nur die Lebensweise der meisten Menschen maßgeblich bestimmt, sondern auch die Landschaften in Europa geformt.
Eine solche wertvolle Landschaft findet sich auch im Nationalpark Hohe Tauern, die ohne die Arbeit der bergbäuerlichen Bevölkerung nicht denkbar wäre. Ein wichtiges Thema dieser Tagung war der Vertragsnaturschutz, die Außer-Nutzung-Stellung von 75 % der Kernzone und die Probleme um die Einigung zwischen Nationalpark und Almbewirtschaftern.
Ein Leitspruch des Nationalparks lautet „Natur und Kultur – Werte für die Zukunft“. In unserer heutigen Realität stehen die Landwirte, aber auch der Naturschutz, vor vielen zusätzlichen und ständig neuen Herausforderungen, denen man sich zu stellen hat. Die nachhaltig genutzten Flächen sind eine unverzichtbare Ressource für uns alle – als wirtschaftliche Basis unserer Betriebe und damit auch des ländlichen Raumes, als Gesundbrunnen für Mensch und Tier, als wertvoller Lebensraum für Pflanzen und Tiere und als Beitrag zum Klima- und Wasserschutz.
Die vielfältigen Interessen und Erwartungen müssen in der Region gemeinsam koordiniert werden, um diese wertvollen Landschaftsteile zu sichern, eine intakte Kultur- und Naturlandschaft durch zeitgemäße Bewirtschaftung zu erhalten und die Arbeitsplätze in der Landwirtschaft, im Tourismus und der regionalen Wirtschaft zu sichern. Nur wenn man manchmal den eigenen Tellerrand verlässt, man Vertrauen in die Partner haben kann und eine offene und faire Diskussion möglich ist, wird es gelingen, die verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bekommen und der Region mit ihrer Natur und ihren Menschen jetzt und für die Zukunft Nutzen zu stiften.
Eine solche wertvolle Landschaft findet sich auch im Nationalpark Hohe Tauern, die ohne die Arbeit der bergbäuerlichen Bevölkerung nicht denkbar wäre. Ein wichtiges Thema dieser Tagung war der Vertragsnaturschutz, die Außer-Nutzung-Stellung von 75 % der Kernzone und die Probleme um die Einigung zwischen Nationalpark und Almbewirtschaftern.
Ein Leitspruch des Nationalparks lautet „Natur und Kultur – Werte für die Zukunft“. In unserer heutigen Realität stehen die Landwirte, aber auch der Naturschutz, vor vielen zusätzlichen und ständig neuen Herausforderungen, denen man sich zu stellen hat. Die nachhaltig genutzten Flächen sind eine unverzichtbare Ressource für uns alle – als wirtschaftliche Basis unserer Betriebe und damit auch des ländlichen Raumes, als Gesundbrunnen für Mensch und Tier, als wertvoller Lebensraum für Pflanzen und Tiere und als Beitrag zum Klima- und Wasserschutz.
Die vielfältigen Interessen und Erwartungen müssen in der Region gemeinsam koordiniert werden, um diese wertvollen Landschaftsteile zu sichern, eine intakte Kultur- und Naturlandschaft durch zeitgemäße Bewirtschaftung zu erhalten und die Arbeitsplätze in der Landwirtschaft, im Tourismus und der regionalen Wirtschaft zu sichern. Nur wenn man manchmal den eigenen Tellerrand verlässt, man Vertrauen in die Partner haben kann und eine offene und faire Diskussion möglich ist, wird es gelingen, die verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bekommen und der Region mit ihrer Natur und ihren Menschen jetzt und für die Zukunft Nutzen zu stiften.
Eine Frage der Nachhaltigkeit
Unser Grund und Boden ist unser zeitlich begrenztes Eigentum. Wie ich mein Eigentum nutze, bleibt mir natürlich – im gesetzlichen Rahmen – frei. Zweifelsohne ist jeder Landwirt nach bestem Wissen und Gewissen bestrebt, den ihm anvertrauten Boden in gutem Zustand an die nächsten Generationen weiterzugeben. Aber wozu braucht uns die Erde?
Die Intensivierung in Teilen der Landwirtschaft bringt den Verlust von Arten mit sich, die in Zukunft wichtige Ressourcen darstellen könnten, z. B. zur Heilung von Krankheiten und andere Schlüsselfunktionen. Doch es genügt nicht, die verschwindenden Arten nur als eventuell brauchbare Ressourcen zu sehen und dabei zu vergessen, dass alles auch einen Eigenwert hat (siehe Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus über die Sorge für das gemeinsame Haus, LS 33.).
Der massive Artenschwund bei Tier und Pflanze (dazu gehören auch Pilze, Algen, Mikroorganismen etc.), der größtenteils mit unserem mittlerweile allgegenwärtigen menschlichen Tun zusammenhängt, gefährdet das Funktionieren unserer Ökosysteme. Viele Tiere und Pflanzen gehen für unsere folgenden Generationen unwiederbringlich verloren.
Eine Bewirtschaftung mit dieser Haltung ist zwar im immer engeren wirtschaftlichen Korsett eine große Herausforderung, aber sie ist der erste wichtige Schritt, nachhaltig und überlegt zu arbeiten und zu handeln. Die Almbauern und ihre Hirten tun dies bereits seit Generationen mit ihrer standortangepassten Bewirtschaftung in verantwortungsvoller Weise.
Die Intensivierung in Teilen der Landwirtschaft bringt den Verlust von Arten mit sich, die in Zukunft wichtige Ressourcen darstellen könnten, z. B. zur Heilung von Krankheiten und andere Schlüsselfunktionen. Doch es genügt nicht, die verschwindenden Arten nur als eventuell brauchbare Ressourcen zu sehen und dabei zu vergessen, dass alles auch einen Eigenwert hat (siehe Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus über die Sorge für das gemeinsame Haus, LS 33.).
Der massive Artenschwund bei Tier und Pflanze (dazu gehören auch Pilze, Algen, Mikroorganismen etc.), der größtenteils mit unserem mittlerweile allgegenwärtigen menschlichen Tun zusammenhängt, gefährdet das Funktionieren unserer Ökosysteme. Viele Tiere und Pflanzen gehen für unsere folgenden Generationen unwiederbringlich verloren.
Eine Bewirtschaftung mit dieser Haltung ist zwar im immer engeren wirtschaftlichen Korsett eine große Herausforderung, aber sie ist der erste wichtige Schritt, nachhaltig und überlegt zu arbeiten und zu handeln. Die Almbauern und ihre Hirten tun dies bereits seit Generationen mit ihrer standortangepassten Bewirtschaftung in verantwortungsvoller Weise.