15.03.2021 |
von Stefan Rudlstorfer, ABL
Erfolgreiche Weidehaltung - Teil 1
Eines sei vorweg festgehalten: Die Weidehaltung ist ein zentraler Bestandteil der biologischen Tierhaltung. Darüber herrscht weithin Einigkeit. Dennoch teilten kritische Beobachter diese Meinung nicht immer, zumal im Zusammenhang mit der praktischen Umsetzung der Weide immer wieder Ausnahmen genannt worden sind.
Im Auge des Betrachters
Klar ist: Die Sinnhaftigkeit der Weide war nie in Frage gestellt. Bei Vorhandensein entsprechender Flächen war Weidegang am Bio-Betrieb bisher schon verpflichtend - unabhängig von bereits bestehenden Auslaufflächen. Einzig die Umstände, welche einen Weidetrieb einschränken, waren umfassender definiert. Darin fand der Faktor Mensch seinen Platz. Die Frage nach dem "Was ist dem Tierhalter zumutbar, ohne ein Sicherheitsrisiko für Tier und Mensch einzugehen?“ durfte gestellt werden. Einzig eine Entwicklung der aus dieser Betrachtungsweise hervorgegangenen Regelung hat es nie gegeben, wodurch mögliche Schlupflöcher gestopft hätten werden können.
Das Audit aus dem Jahr 2017 scheint uns nun eine andere Sichtweise zu lehren. Im bisherigen Verständnis richtete sich das Ausmaß der Weide nach der Lage von Flächen zum Betrieb und dem Vorhandensein weidefähiger Flächen. Zukünftig sei nach dem Urteil der EU Kommissionsdienstellen der Tierbestand an die beweidbare Fläche anzupassen. Das heißt, es sollte für die am Betrieb gehaltenen Pflanzenfresser ein Zugang zu Weideflächen vorhanden sein. Es liege in der Verantwortung der Betriebsleiter zu entscheiden, welchen Aufwand sie in Kauf nehmen, um dies umsetzen zu können - vor allem in Lagen beschränkt verfügbarer Flächen. Natürlich führt dies zu Gesprächsstoff!
Den Blick nach vorne richten
Die Zeit drängt. Man weiß, dass es ab dem nächsten Jahr keine Übergangsregelung für die Umsetzung der Weide im Bio-Bereich geben wird. Auch wenn bestimmte Details noch ausständig sind und sich die Bemühungen derzeit in Richtung eines Harmonisierungsprozesses mit anderen betroffenen EU-Mitgliedstaaten konzentrieren, muss nun auf Betriebsebene der Blick nach vorne gerichtet werden. Es stellt sich mit der beginnenden Weidesaison die Frage, wie die Weide gesamtbetrieblich am besten umgesetzt werden kann. Dafür müssen die Richtlinien und die laufende Diskussion auch schon mal gedanklich ausgeblendet werden, um den Fokus auf mögliche betriebliche Lösungen - mögen sie oft auch unmöglich erscheinen - zu richten. Das gilt sowohl für Betriebe als auch für die Beratung, die hier gefordert sein wird.
Innovationskraft der Betriebe
Es sind der Wille und die Innovationskraft der Betriebe, die Vieles ermöglichen. Betriebsindividuelle Lösungen reichen von mobilen Weideunterständen, mit der auch der Viehtrieb bewerkstelligt werden kann, über flexible Weidetore, welche die Querung von Güterwegen erleichtern, bis hin zum Flächentausch zur Gewinnung hofnaher Flächen. Darauf gilt es nun aufzubauen und positive Beispiele vor den Vorhang zu holen, um so Motivation und Mut für die Zukunft zu stiften.
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Kurz und Kompakt:
Der Druck auf Österreichs Ministerien aufgrund laufender Verfahren ist groß und der Spielraum für Flexibilität scheint gering zu sein. Eine gewisse Flexibilität wird es jedoch brauchen, um die Praktikabilität der Weide unter Umsetzung eines sinnvollen Weidemanagements aufrecht zu erhalten.
Für Betriebe und die Beratung bleibt trotzdem nun die Notwendigkeit bestehen, sich bei der Suche nach Lösungen für die Weide "nach der Decke zu strecken“.
Quelle: Landwirtschaftskammer Oberösterreich, Rudlstorfer