Beifüttern gleicht den erhöhten Energiebedarf aus

Mit zunehmender Licht-
intensität, steigender
Außentemperatur und dem rasanten Vegetationsbeginn ändert sich der Stoffwechsel, physiologisch und hormonell bedingt. Bei Jungtieren fängt das Wachstum wieder an, Alttiere müssen Gewichtsverluste ausgleichen. Die letzten zwei Monate im Mutterleib sind für die Entwicklung des Kälberfötus entscheidend. Etwa fünf Wochen vor dem Setztermin müssen die Muttertiere ausreichende Reserven für die Laktation und eine optimale Milchproduktion ansetzen. Deshalb haben Muttertiere speziell in dieser Phase einen besonderen Anspruch an die Fütterung.
In der Vegetationsperiode soll der Nährstoffbedarf des Gehegewildes für die Erhaltung der Lebensfunktionen und für Leistungen aus der Äsung gedeckt werden. Ein Problem bei der Gehegewildhaltung ist das Missverhältnis des Wachstums der Weide und dem Bedarf der Tiere. Das Hauptwachstum ist im späten Frühjahr/Anfang Sommer, der höchste Bedarf in den Monaten April und Mai, wenn die Weideleistung gering ist und die Struktur bzw. die Inhaltstoffe des Grases nicht ausreichen. Ein gutes Maß für die ausreichende Versorgung der Tiere ist die Höhe des Weidegrases. Die kritische Höhe für eine ausreichende wiederkäuer- und leistungsgerechte Versorgung sind 9 bis 10 cm. Wird die Wuchshöhe nicht erreicht, muss beigefüttert werden. Junges Gras hat einen geringen Trockensubstanz- und Rohfasergehalt und damit eine unzureichende Struktur. Es ist eiweiß- und energiereich wobei der Eiweißgehalt überwiegt.
Was wie viel zugefüttert werden sollte
Die Futterration für das Gehegewild muss ganzjährig wiederkäuergerecht sein. Das aufgenommene Futter sollte mindestens 18 % Rohfaser enthalten, um die Pansenmotorik zu gewährleisten und die Funktion der Mikroben im Hauben-Pansenraum zu sichern. Dies ist gewährleistet, wenn etwa 50 % der aufgenommenen Futtermenge strukturiert sind. Bei dem geringen Strukturgehalt des Weidegrases im Frühjahr ist ernährungsphysiologisch die Beifütterung von Heu (1 kg Heu/Tier/Tag beim Damwild und 1,5 kg Heu/Tier/Tag beim Rotwild) oder anderen rohfaserreichen Futtermitteln (2 kg/Tier/Tag gute Grassilage beim Damwild und 3 kg/Tier/Tag beim Rotwild) erforderlich. Diese Übergangsfütterung kann bis Mitte Mai beibehalten werden, um gleichzeitig eine Umstellung von der rohfaserreichen Winterration zu erreichen.
Ein Energieausgleich über die Beifütterung beim überschüssigen Eiweißangebot im jungen Gras im Frühjahr ist unbedingt erforderlich. Es ist zu berücksichtigen, dass bei der mikrobiellen Vormagenverdauung für den Stoffwechsel der Mikroben Nahrungsenergie verbraucht wird, die dem Tier nicht ausreichend zur Verfügung steht. Für das starke Fötuswachstum vor dem Setztermin steigt der Energiebedarf der Muttertiere um über 50 % gegenüber dem Erhaltungsbedarf. Der annähernd gleich erhöhte Energiebedarf ist für das Wachstum der Jungtiere erforderlich. Erfolgt in den Wintermonaten keine bedarfsdeckende Fütterung, sind die im Herbst angelegten Fettreserven abgebaut. Sodass der Energiebedarf im Frühjahr über die Beifütterung von energiereichen Futtermitteln gedeckt werden muss. Zu den vorerst genannten rohfaserreichen Futtermitteln kann der Energieausgleich durch Zufütterung von 350 g bis 450 g Fertigfutter für Schafe (Energiestufe 2 und 16 % Rohprotein) oder über Getreidemischungen (40 % Weizen/Mais, 40 % Gerste, 20 % Trockenschnitte oder 60 % Gerste und 40 % Weizen/Mais) erreicht werden.
Der hohe Eiweißgehalt im jungen Grasaufwuchs ohne Energie- und Strukturausgleich belastet durch Ammoniakbildung in den Vormägen die Leber und den Energiehaushalt des Gehegewildes. Die Deckung des Energiebedarfes nur über die Fütterung von energiereichen Futtermitteln (Kraftfutter, Getreide oder Trockenschnitte) ist nicht möglich. Vielmehr ist das Gehegewild als Wiederkäuer auf die Zufuhr einer gewissen Menge an Strukturfutter angewiesen.
Die Versorgung des Gehegewildes mit Rohprotein (Eiweiß) ist im Frühjahr durch das junge eiweißreiche Gras gegeben. Das Verfüttern von hochwertigem Eiweiß an Gehegewild als Wiederkäuer ist aus physiologischer, aber auch aus ökonomischer Sicht nicht sinnvoll. Wiederkäuer können mit sehr geringen Mengen Eiweiß in der Nahrung auskommen und bauen durch die Vormagenverdauung geringwertiges pflanzliches Eiweiß zu hochwertigem Mikrobeneiweiß um. Sollte jedoch das Weidewachstum zu gering sein (verspätete Vegetation/Trockenheit) oder die Besatzdichte zu hoch sein, so ist der Eiweißbedarf für die Entwicklung des Fötus, das Wachstum des Haares, des Geweihes und der Jungtiere über die Beifütterung von 100 g bis 200 g Sojaschrot/Tier/Tag zu decken.
Mit Mineralstoffen und Vitaminen versorgen
Die Mineral- und Wirkstoffversorgung ist von den Tierleistungen (Wachstum der Jungtiere, Fötenentwicklung, Vorbereitung der Laktation und Milchproduktion, Geweihbildung und Haarwachstum) abhängig. Die Versorgung mit wasserlöslichen Vitaminen (A, B-Komplex, Folsäure oder Biotin) ist beim Gehegewild als Wiederkäuer gewährleistet, da sie in ausreichenden Mengen von den Pansen- und Dickdarmbakterien synthetisiert werden. Eine nicht ausreichende Bildung und Funktion dieser Mikroben kann zu einer Unterversorgung der Tiere mit wasserlöslichen Vitaminen führen. Äußere Symptome sind zunächst nicht bemerkbar, bei einem Leistungsrückgang können auch andere Ursachen verantwortlich sein. Bei länger dauernder Unterversorgung treten Krankheitserscheinungen (Durchfall, Krämpfe, Bewegungsstörungen, Lähmungen, Hautentzündungen oder Ödeme) in unterschiedlicher Ausprägung und Schwere auf.
Fettlösliche Vitamine (A, D, E, K) befinden sich in ausreichendem Maße in Grünpflanzen, sodass eine Versorgung der Tiere in der Vegetationsperiode unproblematisch ist. Der Tierkörper kann mit Ausnahme des Vitamin K die oben angeführten fettlöslichen Vitamine nicht synthetisieren. Probleme können bei der Vitaminversorgung in den Wintermonaten und den Übergangsperioden entstehen, da der Gehalt an diesen fettlöslichen Vitaminen bzw. Vitaminvorstufen von der Erntezeit, der Art der Konservierung, Lagerung und Lagerzeit des Grobfutters abhängig ist. Der Ausgleich kann über die Beifütterung von Vitaminpräparaten oder Mineralfutter mit den entsprechenden Gehalten an Vitaminen erfolgen. Wobei im Mineralfutter auf die Vitamine A, D und E zu achten ist. Auch Mineralfutter dürfen nicht überlagert sein! Fettlösliche Vitamine sind mehr an der Ausbildung und Aufrechterhaltung bestimmter Gewebestrukturen beteiligt, sodass eine Unterversorgung gravierende Folgen hat. Ein Mangel an Vitamin A führt zur Beeinträchtigung des Jugendwachstums, wobei besonders das Knochenwachstum beeinflusst wird. Auch eine Veränderung der Schleimhäute, schlechte Spermaqualität, mangelnde Ernährung des Fötus, Frühaborte, Nachgeburtsverhalten und andere Beeinträchtigungen der Geschlechtsfunktionen sowie Lungenerkrankungen können durch Vitamin-A-Mangel ausgelöst werden.
Vitamin D regelt den Stoffwechsel von Calcium (Ca) und Phosphor (P), so dass sich Vitamin-D-Mangel ähnlich äußert wie Ca- oder P-Mangel. Beispielsweise als Wachstumsstörung oder Knochenweiche, die zur Verformung der Gliedmaßen und zu steifem Gang führt. Die Unterversorgung mit Vitamin E, besonders in der Kombination mit Selenmangel hat nicht nur die Erkrankung des Gehegewildes an Nekrobazillose zur Folge, sondern führt auch zu Störungen im Wachstum, Fruchtbarkeit, Schwächung des Immunabwehrsystems und Totgeburten. Die Versorgung des Gehegewildes mit lebensnotwendigen Mineralstoffen erfolgt nur über das Futter. Als Mengen- und Spurenelemente müssen sie in der Nahrung vorhanden sein und können sich nur ausnahmsweise gegenseitig substituieren. Einzelne von ihnen werden bei reichlicher Zufuhr im Skelett, in der Leber und in anderen Körperorganen gespeichert und können bei Unterversorgung mobilisiert werden. Die Mineralstoffgehalte verschiedener Futtermittel sind sehr unterschiedlich, selbst bei gleicher Pflanzenart kann der Mineralstoffgehalt sehr verschieden sein, beeinflusst durch die Bodenart, Jahreswitterung, Düngung, Vegetationsstadium und Futtergewinnung.
Defizite ausgleichen
Besonders im Frühjahr ist das junge Gras mineralstoffarm. Zur Deckung des Mineralstoffbedarfes für Leistungen und Erhaltung der Lebensfunktionen müssen Mineralstoffe über Futter und vitaminierte Mineralstoffmischungen zugeführt werden. Da Gehegewild Mineralfutter nur sporadisch bedarfsgemäß aufnimmt, ist ein ganzjähriges Angebot sicherzustellen. Der Bedarf an Mineralfutter liegt bei 10 bis 20 g/Tier und Tag.
Die Versorgung wird über Minerallecksteine, -schalen für Schafe und Salzlecksteine sichergestellt. Die Mineralstoffmischungen müssen kupferarm sein (max. 25 mg Kupfer je kg TS). Das Calcium-Phosphor-Verhältnis sollte zwischen 1,5 bis 2 zu 1 sein. Unterversorgung mit Ca und P kann zu schlechter Geweihbildung und Knochenschwäche (Rachitis bei Jungtieren und Osteomalazie bei erwachsenen Tieren) führen.
Der Magnesiumversorgung soll im Frühjahr besondere Beachtung geschenkt werden. Eine verschlechterte Resorption bei hohen Kaliumgehalten im jungen Futter (bei Eiweißüberschuss sowie Energie und Strukturmangel) können Symptome der Weidetetanie auslösen. Der Bedarf soll mit magnesiumreichen Minerallecksteinen gedeckt werden.
Der Magnesiumversorgung soll im Frühjahr besondere Beachtung geschenkt werden. Eine verschlechterte Resorption bei hohen Kaliumgehalten im jungen Futter (bei Eiweißüberschuss sowie Energie und Strukturmangel) können Symptome der Weidetetanie auslösen. Der Bedarf soll mit magnesiumreichen Minerallecksteinen gedeckt werden.