04.01.2017 |
von Margit Ram
Ab 1. Jänner 2017: Änderungen im Erbrecht
Mit dem Erbrechts-Änderungsgesetz 2015 erfolgen neben sprachlichen Anpassungen bzw. Vereinfachungen unter anderem Änderungen im Pflichtteilsrecht, die Formvorschriften bei der Testamentserstellung werden verschärft, es werden künftig Pflegeleistungen, welche für den Verstorbenen erbracht wurden, vergütet und der Lebensgefährte erhält ein außerordentliches Erbrecht.
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Fremdhändiges Testament - verschärfte Formvorschriften
Zumal es in der Vergangenheit insbesondere bei fremdhändigen Testamenten zu Fälschungen gekommen ist („Vorarlberger Testamentsskandal“), soll die Fälschungssicherheit der Testamente durch erhöhte Form-
erfordernisse gesteigert werden.
Wird ein Testament nicht eigenhändig geschrieben, muss der Verfügende zusätzlich zur Unterschrift – welche er vor drei gleichzeitig anwesenden Zeugen setzen muss - auch noch einen handschriftlichen Zusatz beifügen, aus welchem hervorgeht, dass es sich beim Schriftstück um seinen letzten Willen handelt (z.B. „mein letzter Wille“, „mein Testament“). Die Identität der Zeugen muss aus dem Testament hervorgehen und die Zeugen müssen den Hinweis auf ihre Zeugeneigenschaft eigenhändig vermerken (z.B. „als ersuchter Testamentszeuge“). Weiters darf der Testamentszeuge nicht zum nachstehenden Personenkreis zählen:
Verwandtschaftsverhältnis oder persönliches Verhältnis: Ehegatte/eingetragener Partner, Lebensgefährte, bzw. auch Eltern, Kinder oder Geschwister des Ehegatten/eingetragenen Partners/Lebensgefährten; außerhalb dieses Kreises: gesetzliche Vertreter, Gesellschafter, Vorsorgebevollmächtigte, vertretungsbefugte Organe, Machthaber und Dienstnehmer bedachter Personen oder rechtsfähiger Gesellschaften. Der weite Begriff der Befangenen führt unweigerlich zur Einschränkung des Kreises von geeigneten Zeugen und daher sollte auf die Auswahl der Zeugen entsprechendes Augenmerk gelegt werden.
Keine Änderungen gibt es hingegen beim eigenhändig verfassten und gerichtlichen Testament. Beim Nottestament gibt es marginale Änderungen, welche jedoch aufgrund der geringen Bedeutung vernachlässigbar erscheinen. Angemerkt werden darf jedoch, dass der bisherige
§ 568 ABGB, wonach unter Sachwalterschaft stehende Personen nur mündlich vor Gericht oder Notar testieren können, ersatzlos aufgehoben wurde.
Die neuen Formvorschriften gelten erst für Testamente, welche ab 01.01.2017 errichtet werden. Bereits rechtsgültig errichtete Testamente bleiben natürlich weiterhin gültig.
Pflichtteilsrecht
Die Freiheit des Verstorbenen, über sein Vermögen letztwillig zu verfügen, wird durch das Pflichtteilsrecht zugunsten eines bestimmten Personenkreises eingeschränkt. Errichtet der Verstorbene kein Testament, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Errichtet er ein Testament und bedenkt er darin nicht seine nächsten Angehörigen bzw. Ehegatten, dann steht diesen Personen ein „Noterbrecht“ – ein Geldanspruch in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Anspruches an der Verlassenschaft – zu. Bisher waren die Nachkommen und der Ehegatte sowie die Vorfahren des Verstorbenen pflichtteilsberechtigt. Mit dem Erbrechts-Änderungsgesetz 2015 zählen die Eltern nicht mehr zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten.
Neu ist auch, dass der Pflichtteilsanspruch erst ein Jahr nach dem Tod des Verstorbenen gefordert werden kann. Dadurch soll es dem Erben erleichtert werden, die Pflichtteilsansprüche zu befriedigen, ohne unzumutbarem Zeitdruck im Zusammenhang mit der Beschaffung von liquiden Mitteln zu unterliegen oder die Erbschaft zerschlagen zu müssen. Der Pflichtteil kann vom Verstorbenen testamentarisch oder auf Antrag des Erben auch vom Gericht bis zu fünf Jahre, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen sogar bis zu zehn Jahre, gestundet werden. Es gebühren dem Pflichtteilsberechtigten jedoch bis zur Erfüllung seines Anspruches die gesetzlichen Zinsen.
Auch bei der Hinzu- und Anrechnung von Schenkungen, welche der Verstorbene getätigt hat, gibt es Änderungen – es erfolgt keine Unterscheidung zwischen Vorempfängen und Vorschüssen mehr. Sowohl bewegliche als auch unbewegliche Sachen werden zum Zeitpunkt der Schenkung bewertet, und dann bis zum Todeszeitpunkt nach einem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex angepasst.
Pflegevermächtnis
Eine der wohl bedeutendsten Änderungen betrifft die Einführung des gesetzlichen Pflegevermächtnisses. Damit sollen Pflegeleistungen abgegolten werden, welche nahestehende Personen für den Verstorbenen erbracht haben.
Das Pflegevermächtnis steht zusätzlich zum gesetzlichen Erbrecht und unabhängig vom Wert der Verlassenschaft zu. Das Pflegevermächtnis gebührt nahestehenden Personen, welche den Verstorbenen in den letzten drei Jahren vor seinem Tod mindestens sechs Monate in nicht bloß geringfügigem Ausmaß gepflegt haben. Unter nahen Angehörigen werden die gesetzlichen Erben des Verstorbenen, deren Ehegatten/eingetragene Partner, Lebensgefährten und Kinder sowie die Lebensgefährten des Verstorbenen und deren Kinder verstanden. In den Gesetzesmaterialien wird das nicht bloß geringfügige Ausmaß des Pflegeaufwandes mit mehr als 20 Stunden im Monat beschrieben. Die Pflegeleistungen müssen nicht an einem Stück erbracht worden sein. Es genügt, dass der Verstorbene in den letzten drei Jahren vor seinem Tode insgesamt mindestens sechs Monate im erforderlichen Ausmaß gepflegt wurde. Sollten solche Pflegeleistungen für den Verstorbenen unentgeltlich erbracht worden sein, empfiehlt es sich entsprechende Aufzeichnungen darüber zu führen um diese im Verlassenschaftsverfahren nachweisen zu können.
Außerordentliches Erbrecht für Lebensgefährten
Wie in den Medien vermehrt berichtet, wird mit der Erbrechtsnovelle ein gesetzliches Erbrecht für Lebensgefährten eingeführt. Es muss jedoch angemerkt werden, dass dieses ein subsidiäres Erbrecht darstellt. Das heißt, dass der Lebensgefährte beim Vorhandensein eines testamentarischen oder eines gesetzlichen Erbens dennoch keinen Anspruch hat. Für den Fall, dass die gesetzliche Erbfolge eintritt, erbt der Lebensgefährte nur dann, wenn es keinen anderen gesetzlichen Erben gibt – er erbt erst vor dem Staat. Voraussetzung für das außerordentliche Erbrecht ist das Bestehen einer aufrechten Lebensgemeinschaft im Todeszeitpunkt. Weiters müssen die Lebensgefährten zumindest in den letzten drei Jahren vor dem Tod des Erblassers im gemeinsamen Haushalt gelebt haben. Da es keine Definition des Begriffes „Lebensgemeinschaft“ im Gesetz gibt, geht man davon aus, dass es sich bei der Lebensgemeinschaft um eine eheähnliche Verbindung handelt, welche mit einer seelischen Verbundenheit einhergeht und in der Regel eine Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft aufweisen muss.
Darüber hinaus wurde dem Lebensgefährten – ähnlich dem gesetzlichen Vorausvermächtnis des Ehegatten – das Recht eingeräumt, bei aufrechter, seit mindestens drei Jahren bestehender Lebensgemeinschaft nach dem Tod des Lebensgefährten in der bisher benützten Wohnung zu leben und die zum Haushalt gehörenden beweglichen Sachen zu benützen. Dieses Recht erlischt jedoch – anders als das gesetzliche Vorausvermächtnis des Ehegatten/eingetragenen Partners - nach Ablauf eines Jahres. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass Lebensgefährten nach dem Tod des Partners von einem Tag auf den anderen ohne Unterkunft dastehen.
Erbrecht des Ehegatten
Aufgrund der bisherigen Rechtslage gebührte den Kindern eines Verstorbenen 2/3, dem Ehegatten 1/3 des Nachlasses. Gab es keine Kinder, erhielt der Ehegatte 2/3 und die noch lebenden Eltern zusammen 1/3. Sind die Eltern vorverstorben, wurden diese durch ihre Kinder repräsentiert, sodass der Ehegatte wiederum nur 2/3 bekommen hat. Mit der Novelle entfällt diese Beschränkung. Das heißt, wenn keine Kinder oder Eltern des Verstorbenen mehr vorhanden sind, erhält der Ehegatte oder eingetragene Partner die gesamte Verlassenschaft.
Auflösung der Ehe/eingetragenen Partnerschaft
Mit rechtskräftiger Auflösung der Ehe/eingetragenen Partnerschaft erlöschen das gesetzliche Erbrecht sowie der Pflichtteilsanspruch und das Vorausvermächtnis des Gatten/eingetragenen Partners. Hat ein Verstorbener zu Lebzeiten seinen Ehegatten testamentarisch zum Erben eingesetzt und wurde das Testament nicht widerrufen, blieb bisher das Testament aufrecht. Der geschiedene Ehegatte wurde Erbe, obwohl dies mitunter nicht mehr dem Willen des Verstorbenen entsprochen hat. Nunmehr sieht das Gesetz vor, dass letztwillige Verfügungen mit welchen der geschiedene Ehegatte als Erbe eingesetzt wurde, mit Auflösung der Ehe aufgehoben werden, sofern der Erblasser nichts anderes ausdrücklich angeordnet hat.